Die Stadtwache-Lüge oder: Zustimmung im Sinkflug!

Letzte Woche waren in den Linzer Lokalmedien wieder einmal Artikel wie dieser über den Ordnungsdienst Linz, vulgo Stadtwache, zu lesen:

Zuerst hab ich mir gedacht, kein Wunder! Von jeder zweiten Plakatwand lächeln einem seit einem Jahr  zwei freundliche StadtwächterInnen entgegen und per Post hat jeder Linzer Haushalt einen hübschen Imagefolder bekommen- zeitlich perfekt passend zum Start der BürgerInnenbefragung mit Stadtwacheschwerpunkt, welch Zufall!

Wer wissen möchte, wie viel es kostet, die LinzerInnen daran zu erinnern, wie super sie die Stadtwache finden, dem empfiehlt sich die Lektüre einer Anfragebeantwortung initiert von der KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn:

Wie hoch sind die Kosten der Imagewerbung für den Ordnungsdienst?
Die Gesamtkosten für die im Jahr 2011 geplanten Maßnahmen an Öffentlichkeitsarbeit für die Ordnungsdienst der Stadt Linz GmbH belaufen sich auf rund € 34.000,–.

Anfragebeantwortung zur Stadtwache Imagekosten

34.000 € für Imagewerbung, da wird ja wohl die Zustimmung in den Himmel schießen, wie der Tips-Artikel suggeriert. Da ich mich ja schon länger mit der Stadtwache beschäftige, kommt mir das irgendwie seltsam bekannt vor. Eine IMAS Umfrage zur Stadtwache, das hatten wir doch schon mal?

Aja, und zwar im Juni 2009 im Auftrag der ÖVP, sowie im Oktober 2010 im Auftrag der FPÖ und im Oktober 2011 nochmals im Auftrag der FPÖ. Hmmmm… vergleichen wir doch mal die Ergebnisse:

 

Sehr gute Idee Gute Idee Weniger gute Idee Keine gute Idee Keine Meinung
Juni 2009 36% 34% 17% 13% 0%
Oktober 2010 25% 35% 15% 21% 4%
Oktober 2011 17% 38% 22% 23% 0%

Zusammengefasst also:

Positiv Negativ
Juni 2009 70% 30%
Oktober 2010 60% 36%
Oktober 2011 55% 45%

Und jetzt noch als hübsche Grafik:

Alles klar? So sehr die FPÖ es sich auch wünscht, aber immer mehr LinzerInnen und Linzer sprechen sich gegen die Stadtwache aus. Es ist also endlich an der Zeit, dieses unsägliche Angstinstrument der FPÖ abzudrehen. Und mit den dann freiwerdenden 1,5 Millionen € der Stadtwache könnte man locker die Budgetprobleme der freien Szene lösen.

Linz verendet – ohne freie Kultur! Eine Replik

Vor drei Wochen hat die freie Szene Linz einen Protestbrief an den Kulturreferenten Dr. Erich Watzl adressiert, um auf Missstände in der Entwicklung des Kulturbudgets der Stadt Linz aufmerksam zu machen. Er wurde von einem Großteil der Linzer Kulturinitiativen und einer Vielzahl von Privatpersonen, auch mir, unterzeichnet:

Offener Brief der freien Szene Linz

Im Kern geht es natürlich wieder einmal ums liebe Geld:

Nicht erst seit der jüngsten Krise, sondern seit 2004 stagniert das der freien Szene zuordenbare Budget. Der Anteil der freien Szene am gesamten Kulturbudget beträgt derzeit circa 2,7%, in absoluten Zahlen müssen sich die mehr als fünfzig Kulturinitiativen und hunderte KünstlerInnen 1,2 Millionen Euro teilen. Und das in einer Zeit, in der Linz kulturell aufblüht – fast monatlich gründen sich neue Kulturinitiativen, deren InitiatorInnen mit viel Elan und Engagement das Leben in dieser Stadt bereichern!

Der Ernst der Lage wird einem bewusst, vergleicht man die Entwicklung des Budgets der freien Szene mit dem gesamten Kulturbudget der Stadt und mit der Inflationsrate:

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Waisenhäuser für verwaiste Werke

oder: Wie man Einfluß auf EU-Gesetze nimmt.

Wahrscheinlich nur wenige Menschen bekommen einen tieferen Einblick in jene Prozesse auf EU-Ebene, die zu neuen gesetzlichen Regelungen führen. Intransparenz und Realitätsferne werden der EU oft unterstellt. Doch die Herausforderung einen Konsens im europäischen Staatenverbund mit seinen 400 Millionen BürgerInnen, 27 Mitgliedsstaaten und tausenden Interessensverbänden zu finden ist eine große, wie vor kurzem auch US-Präsident Obama bemerkte: „Es gibt wirklich viele Institutionen hier in Europa.“

Ich hatte vor kurzem erstmals die Chance, mich in einen solchen Prozess einzuklinken. Die europäische Kommission möchte eine neue Regelung für so genannte verwaiste Werke finden, also Bücher, Musikstücke und so weiter, deren UrheberInnen und RechteverwerterInnen nicht mehr bekannt sind. Die Nutzung solcher Werke ist nämlich derzeit, unabhängig von einer vorausgehenden Recherche, eigentlich eine UrheberInnen-Rechtsverletzung und kann zu einer Klage führen, sollte ein rechtmässiger Erbe oder Urheber später auftauchen.

Die europäische Kommission hat nun einen Vorschlag erarbeitet, der nun von den Mitgliedsländern begutachtet wird. Diese müssen den Vorschlag nach Verabschiedung auf EU-Ebene dann in nationales Recht umwandeln, denn Urheberrecht ist noch immer eine Domäne der Nationalstaaten. Dafür tagt eine eigene Arbeitsgruppe in Brüsel, die sich aus VertreterInnen der Kommission und Spitzenbeamten der Mitgliedsländer zusammen setzt. Diese wiederum versuchen, zumindest in Österreich, in Kontakt mit allen betroffenen Stakeholdern zu stehen, und einer von den 200 AdressatInnen im Mailverteiler bin ich.

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Netztrip #2 – Schwerpunkt Sexualität

In dieser Rubrik gibts in Zukunft Links zu interessanten Texten, Bildern und Videos. Heute mit einem Schwerpunkt zu Sexualität:

1. Disappearance

Ein ausgezeichnetes Essay von Roger Friedland über die Rolle der weiblichen Schambehaarung in der westlichen Sexualmoral. Der geschichtliche Bogen reicht von Goyas berühmten Bild La Maja Desnud aus dem 18. Jahrhundert, über die sexuelle Revolution der 1960er, über die ersten Softporno-Magazine bis hin zur Hardcore-Pornografie der Jetztzeit und den Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung junger Frauen auf ihre Sexualität.

2. Labiaplasty Hungry Beast

VIDEO – Die australischen Zensur-Stellen erlauben seit vielen Jahren in den Medien nur das Zeigen einer einzigen Art weiblicher Schamlippen. Diese Sexualnorm hat dazu geführt, dass immer mehr australische Frauen ihre Schamlippen operativ an die angebliche gesellschaftliche Norm anpassen.

3. The evolution of disgust

AUDIO – Die wissenschafltiche Lehrmeinung ging bisher von vier verschiedenen Arten von Abscheu aus. Eine neue Studie kommt zu dem Schluß, dass es nur drei Grundarten von Ekel gibt: Moralische Abscheu beschützt die Gesellschaft, (zb. vor Diebstahl und Betrug), pathogener Ekel beschützt den Körper vor Ansteckungen (zb. vor Dreck, Blut, tote Körper, etc.) und Sexuelle Abscheu hat eine evolutionärstechnische Funktion: Sie soll verhindern, dass wir unsere sexuelle Energie mit nicht-idealen PartnerInnen verschwenden, beispielsweise durch das Ekeln vor Sex mit nahen Verwandten. Der fünf-minütige Podcast gibt eine gute und klare Zusammenfassung der Forschungsergebnisse.

4. Women’s sex-strike ends civil war

VIDEO – Zwei Dörfer auf der Insel Mindanao, Teil der Philippinen, führen seit mehreren Jahren einen sinnlosen Bürger(!)krieg gegeneinander. Doch als die Frauen den männlichen Kämpfern Sex verweigern, kehrt innerhalb kürzestes Zeit Frieden ein.

5. SlutWalk der Botschaften

Nach Occupy Wallstreet zeigt die nächste zivilgesellschaftliche Bewegung das irre Tempo, mit dem sich ziviler Protest heute um die ganze Erde ausbreiten kann. Nach den erstem SlutWalk im kanadischen Toronto im April dieses Jahres sind mittlerweile weltweit, von Deutschland, Österreich bis nach in Indien mehrere tausend Menschen bei den SlutWalks auf die Straße gegangen. Im Kern geht es um eine alte feministische Forderung, die leider noch immer aktuell ist: Dass das Aussehen einer Frau keine Entschuldigung für sexuelle Gewalt ist. Diestandard.at hat eine schöne Bildergalerie vom gestrigen SlutWalk Vienna erstellt.

6. Comic des Tages: Nedroid.com
Fixpunkt im täglichen Medienkonsum: Subtiler Humor vom Feinsten!

 

Interview zur Zukunft der Linzer Tabakfabrik für Fruchtgenuss

Letzte Woche hat mir Franz Koppelstätter von der Leerstands-Initiative Fruchtgenuss Fragen zur Zukunft der Tabakwerke gestellt, das ganze Interview ist nun online:

Die Stadt Linz hat die Austria Tabak Werke (ATW) um viel Geld angekauft und steht jetzt unter einem gewissen kommerziellen Verwertungsdruck. Wieso denkst du, dass es notwendig ist, in den ATW kulturelle Nutzung unter zu bringen, die ja bekanntlich kaum direkten monetären Nutzen bringt?

Die Tabakfabrik darf man nicht isoliert betrachten, denn ihre Nutzung wird großen Einfluß auf die Stadtgebietsentwicklung haben. Sie könnte die Lücke zwischen dem Kulturraum Donaupark, der sich im Prinzip vom Brucknerhaus über das Lentos bis zur Altstadt zieht, und dem Hafengebiet schließen.

Weiters bietet das Areal einige Vorteile, die in Linz ansonsten leider selten zu finden sind: Es liegt zentral und ist lärmunempfindlich. Das wäre besonders für den Musikbereich eine große Chance! Dass Linz im Vergleich zu Wien und Graz einiges an Infrastrukturen vermisst, weiß jeder Musikveranstalter, und das hat auch Auswirkungen auf die Musikszene selbst. Denkt man daran, dass Wien international manchmal schon das neue Berlin genannt wird, denkt man an die großartigen Festivals wie ein Elevate oder ein Springfestival in Graz, dann ist klar, dass Linz großen Aufholbedarf hat. Und die Tabakfabrik ist ideal geeignet, um dieses Problem anzugehen. Das ist eine logische kulturpolitische Notwendigkeit, monetäre Fragen kann man mit ökonomischen Argumentationen wie Umwegrentabilität und Standortfragen beantworten, wenns sein muss.

Außerdem schließen sich aufgrund der Architektur und des Denkmalschutzes viele Nutzungsvarianten von vornherein aus, denn niemand wird beispielsweise in fensterlosen Räumen mit zwei Meter Höhe wohnen wollen.

Das ganze Interview findet sich hier!

Vier gute Gründe um morgen Österreich zu besetzen!

Einen Monat nach dem Beginn von Occupy Wall Street, der größten antikapitalistischen Initiative in der Geschichte der Vereinigten Staaten, hat die Protestwelle die ganze Welt erfasst. In mehr als 900 Städten in 80 Staaten sind für den morgigen Tag, den 15. Oktober 2011, Kundgebungen angesetzt, darunter auch sechs Städte Österreichs – mehr dazu auf der Facebook-Gruppe Occupy Austria.

Häufigster Kritikpunkt der politischen BeobachterInnen und der Medien an der Bewegung ist ihre unklare Zielsetzung. Allerdings zeugt dies mehr von dem Unwillen, sich konkret mit den Anliegen der Protestierenden auseinanderzusetzen. Denn sieht man sich die vielen bunten Schilder und Tafeln an, so erkennt man schnell viel Altbekanntes: Die Forderung nach mehr, und vor allem nach echter Demokratie. Das Ende des kapitalistischen Systems, eine Neuorientierung der Gesellschaft weg von ökonomischen, hin zu humanistischen Zielsetzungen. Und vor allem eine Neuverteilung des gesellschaftlichen Reichtums, die sich besonders in der klassenkämpferischen Ansage „We are the 99% – you are the 1%“ ausdrückt.

 

 

 

Doch warum soll das uns in Österreich überhaupt kümmern? Sind wir nicht noch immer eines der reichsten Länder der Welt? Haben wir nicht noch immer einen der besten Lebensstandards der Welt? Was spricht dafür, morgen an den Kundgebungen teilzunehmen? Versuchen wir dafür Gründe zu finden:

1. Aus Solidarität!

Österreich eines der lebenswertesten Länder der Welt, weil wir direkt und indirekt von der massiven Ungleichverteilung des weltweiten Reichtums profitieren. Unsere Banken-Konzerne sind weltweit engagiert, besonders die ehemaligen Ostblock-Ländern werden massiv von ihnen ausgebeutet. Unsere Kleidung, unsere technischen Spielereien wie Handys und MP3-Player werden zu Billigstlöhnen und teilweise von Kindern in Asien und in der dritten Welt gefertigt. Auch wer in Österreich nicht zu den Top-1% gehört, dank des kapitalistischen Systems ist jede/r von uns zumindest in den Top-5% der Welt.

Wir müssen nicht nur für eine Umverteilung zwischen den Reichen und Armen Österreichs kämpfen. Um glaubhalt zu bleiben müssen wir uns für eine globale Neuverteilung des Reichtums einsetzen!

Verteilung des weltweiten Reichtums

2. Um zu inspirieren!

Die größte Kraft schöpft das kapitalistische System aus seiner angeblichen Alternativlosigkeit. Seit es sich nach dem Niedergang der Sowjetunion als Sieger gekürt hat, hat der Kapitalismus einen gehörigen Zahn zugelegt, seine GegnerInnen an die Wand gedränkt und sich in jeden Bereich unseres Lebens vorgekämpft.

Doch es ist eine Lüge, dass es keine Alternative zu dem herrschenden System gibt. Unser gesellschaftliches System wurde von uns Menschen erdacht und erbaut, und kann von uns Menschen umgeworfen werden. Und nur, weil es noch keine allumfassende Antwort gibt, wie diese Alternative aussieht, so ist sie nicht in weiter Ferne. Immer mehr Menschen versuchen alternative Wege zu finden, unsere Gemeinschaft, unsere Gesellschaft mit demokratischen Mitteln zu organisieren. Die Puzzelsteine liegen vor uns, wir müssen nur damit anfangen, sie zusammen zu setzen! Widerstand gegen das System heißt zu zeigen, dass wir bereit sind, über Alternative nachzudenken und neue Wege zu gehen. Wir müssen jene Menschen inspirieren, die von den Angstparolen des Systems in die Lohnarbeit gedrängt werden, die aus Angst um ihr Leben, um ihre Familie jenes System unterstützen, dass sie ausbeutet. Wir müssen jene, welche den Lügen des Kapitalismus Glauben schenken, inspirieren, dass sich über die Hintergründe ihres Systems informieren. Wir müssen Alternativen vorzeigen, vorleben und die Menschen in unserem Umfeld mitnehmen auf den Kampf gegen den Kapitalismus, bevor er uns besiegt.

3. Um zu überleben!

Denn ob Erderwärmung, ob nukleare Katastrophen, ob Tankerunfälle: Wenn alles dem Streben nach Profit untergeordnet wird, so ist auch unsere Erde in Gefahr. Und da es nicht danach aussieht, als würde die Menschheit bald die Erde verlassen können um neue Sternensysteme zu besiedeln, müssen wir den Kapitalismus besiegen bevor er unsere Erde besiegt! Denn Katastrophen sind nicht unausweichlich. Klar, es gibt niemals hunderprozentige Sicherheit, aber der Großteil der menschlich ausgelösten Katastrophen war nicht unabwendbar sondern schlicht dem Sparen an der falschen Stelle geschuldet. Und dass im Kapitalismus meistens nicht jene für die Schäden bezahlen, die sie angerichtet haben, wissen wir spätestens seit Fukushima, Bhopal oder Deepwater!

Wer morgen gegen das Finanzsystem protestiert, kämpft damit auch für ein nachhaltig-orientieres Wirtschaftssystem, dass den Menschen und seine Umwelt vor die Interessen der Industrie und des Geldes stellt!

4. Aus Spaß an der Freude!

Protestmaßnahmen haben oft den Ruf, nicht der aufregendste Zeitvertreib zu sein. Doch das Protest lustvoll sein kann, haben nicht erst die Protest-Clowns bewiesen. Ob künstlerische Beiträge, kreatives Schildermalen, spontane Livekonzerte oder Memes, seid kreativ! Verkleidet euch, bastelt Flyer oder zeichnet Schilder mit euren Forderungen für eine bessere und gerechtere Welt!

Wir sehen uns morgen um 13:00 Uhr am Linzer Taubenmarkt!

Und für die Nicht-LinzerInnen:

09 Uhr Steyr Innenstadt
11 Uhr Graz Südtirolerplatz
11 Uhr Salzburg Nationalbank
12 Uhr Wien Heldenplatz
13 Uhr Linz Taubenmarkt
13 Uhr Innsbruck Annasäule
14 Uhr Graz Mariahilferplatz
15 Uhr Wien Westbahnhof
19 Uhr Salzburg Residenzplatz
19 Uhr Wien Ballhausplatz