Warum ich den LIVA – LIDO Sounds Vertrag will

Seit 1. September gilt das neue Informationsfreiheitsgesetz. Öffentliche Stellen sowie öffentliche Unternehmen müssen nun in der Regel Anfragen von Bürger*innen beantworten und können sich nicht mehr pauschal hinter dem Amtsgeheimnis verstecken. Diesen Tag habe ich schon lange im Kalender rot markiert, denn es gibt natürlich einige interessante Sachen in Oberösterreich und Linz abzufragen.

Meine erste Anfrage ging an die LIVA, die Linzer Veranstaltungs Gesellschaft. Diese betreibt mit dem Brucknerhaus und dem Posthof zwei der großen Kulturinstitionen der Landeshauptstadt. Und diese waren in den letzten Jahren leider mehr wegen diversen Skandalen rund um ihren Intendanten Kerschbaum und den ehemaligen Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) in den Medien als wegen dem Kulturprogramm.

Meine Anfrage lautete: „Ich bitte unter Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz um Übermittlung aller Verträge der LIVA mit der Arcadia Live GmbH sowie mit dieser verbundenen Unternehmen, die in den letzten 5 Jahren abgeschlossen wurden.“

Hintergrund sind die dubiosen Deals rund um das Festival LIDO Sounds in Linz. Dieses wurde zwar von der Arcadia Live GmbH veranstaltet, allerdings in enger Abstimmung mit der LIVA. Es gibt einige Gerüchte in der Szene, dass nicht alle Informationen über die Natur der Kooperation, die öffentlich ausgegeben wurden, gänzlich stimmen. Und dann gibt es da noch, wie die OÖN berichteten, den Vorwurf einer dubiosen Zahlung des Veranstalters an Kerschbaums „pannART Consulting OG“, die für die „Anbahnung des LIDO Sounds Festivals“ 30.000 Euro kassiert haben soll. Warum einer der größten Festivalbetreiber Österreichs dafür Unterstützung von einem 2 Personen Betrieb aus dem Burgenland braucht, sollte man wohl hinterfragen.

Insofern gibt es meiner Ansicht nach ein gesteigertes öffentliches Interesse an den Verträgen – auch wenn es gut sein kann, dass diese sauber sind und keine politisch oder rechtlich heiklen Details beinhalten. Genau für so etwas ist das Informationsfreiheitsgesetz gemacht.

Sollte die LIVA die Herausgabe der Verträge verweigern, so ist eine Prüfung vor dem Verwaltungsgericht möglich. Diese prüft dann, ob es sachliche Gründe für eine Nichtveröffentlichung gibt – ein Prozess, den wir uns alle natürlich am liebsten sparen würden.

Schauen wir mal, wie die LIVA reagiert.

Bild: Simone Grübl

Offene Fragen zum Brucknerhaus Skandal

Der künstlerische Intendant der LIVA, Dietmar Kerschbaum, wurde heute vom Aufsichtsrat der LIVA freigestellt. Ich habe mir die PK des Bürgermeisters angesehen. Folgende Fragen sind für mich offen:

1. 14 Tage, nachdem Luger über den Verdacht der Schiebung der Vergabe und die weiteren groben Verstöße durch den Whisteblower informiert wurde, hat es eine LIVA-Aufsichtsratssitzung gegeben – genau am 15. Dezember. In dieser Sitzung hat Luger bewusst darauf verzichtet, die anderen Mitglieder über die aufgetauchten Ungereimtheiten zu informieren. Er begründet das damit, dass das Gremium – der gesellschaftsrechtliche Aufsichtrat! – nicht vertrauenswürdig sei. Das ist erstens eine erstaunliche Feststellung und zweitens meiner Meinung nach keine mögliche Ausrede, warum die Informationspflicht nicht mehr gilt. Hätte es den Falterbericht nicht gegeben, wäre dann der Aufsichtsrat nie darüber informiert worden? Was mich wundert: Warum protestieren Die Grünen Linz und die ÖVP Linz und die anderen Aufsichtsratsmitglieder nicht gegen diese Aussage? Was ist die Konsequenz, wenn ein Bürgermeister feststellt, dass ein Kontrollorgan nicht mehr vertrauenswürdig sei? Müsste es dann nicht aufgelöst werden?

2. Laut Luger soll ein Rechtsgutachten ergeben haben, dass es keine strafbare Handlung war, die Fragen vorab zugespielt bekommen zu haben. Wohl aber war es strafbar, diese Fragen Kerschbaum zuzuspielen. Kerschbaum kannte genau zwei Personen des Auswahlgremiums persönlich, der mögliche Kreis der Verdächtigen ist also klein. Welche Form der Ermittlungen wird es geben, um herauszufinden, wer ihm die Fragen zugespielt hat? Wird das Magistrat intern ermitteln? Wenn es strafrechtlich relevant ist, wird eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft von der Stadt eingebracht? Es gibt hier Zeugen zu befragen und Beweismaterial auszuwerten.

3. Selbst wenn es vertraglich zulässig gewesen wäre, dass Kerschbaum am eigenen Haus nochmal extra für Auftritte kassiert: Dass er sowohl für sich als auch seine eigene Frau die 25-fache Gage im Vergleich zum am selben Tag auftretende andere Künstler auszahlen hat lassen, ist meiner Meinung nach potentiell auch strafrechlich relevant, weil es einfach eine eindeutige Überbezahlung darstellt. (Es gilt die Unschuldsvermutung). Warum wurde das heute bei der PK als nebensächlich dargestellt?

4. Wer klärt die Vorgänge rund um das „Internationale Kultur- & Wirtschaftsforum Linz“, kurz IKW Linz, auf? Das ist ein eigenständiger Verein, der aber den Sitz im Brucknerhaus hat, seine Website ist ein Eintrag auf der Brucknerhaus-Website, es hat eine Mailadresse ikw@liva.linz.at und im Aufsichtsrat sitzen sowohl Kerschbaum selbst als auch Mitarbeiter der LIVA. Das IKW Linz hat bei Veranstaltungen Sponsorengelder eingesammelt – was ist mit diesen Geldern passiert? Welche Geldflüsse gab es zwischen dem Verein und dem Brucknerhaus, welche zwischem dem Verein und Kerschbaum? Auch hier braucht es Transparenz – nur wer kann für diese Sorgen? Denn das Kontrollamt hat hier natürlich kein Einblicksrecht. Welche Schritte unternimmt hier die Stadt? Eine Kontoöffnung könnte auch hier nur die Staatsanwaltschaft erreichen.

Zum Brucknerhaus Desaster (inklusive Kontrollamtsbericht)

2016 habe ich einen Beitrag dazu geschrieben, dass das Brucknerhaus Linz neu gedacht werden muss. Anlass war der Abgang von Hans-Joachim Frey und der damals schon nicht gute Zustand des Hauses. Auf mich hat man leider nicht gehört – wenig überraschend. Es wurde einfach der nächste Blender engagiert. Unter sehr dubiosen Umständen, wie wir seit gestern dank des Falters wissen, und wo noch einiges aufzuklären bleibt.

Kerschbaums Zeit am Brucknerhaus wird wohl Ende der Woche schon Geschichte sein, es werden aber auch noch politische Konsequenzen folgen müssen. Wie etwa, wer genau Herr Kerschbaum die Fragen der Jury vorab zukommen ließ. Oder wer dafür gesorgt hat, dass als „unabhängige Expertin“ in der Auswahlkommission ausgerechnet eine Kerschbaum nahestehende Person verpflichtet wurde, die sich dann auch in der Sitzung massiv für ihn aussprach. Es deutet alles darauf hin, dass schon lange vor der Ausschreibung Kerschbaum als Fixkandidat gesetzt war. Vielleicht zahlt es sich als Journalist auch aus, einmal bei Hans-Joachim Frey nachzufragen, wie sein Abtrittsgespräch gelaufen ist.

Lohnenswert wäre es ebenso, die Vorgänge und Geldflüsse rund um das Festival Lido Sounds zu durchleuchten – auch hier gibt es eine ähnliche Konstellation mit einer externen Agentur, die städtische Ressourcen zum eigenen Vorteil nutzen konnte. Hat davon Kerschbaum auch persönlich profitiert?

Unter Kerschbaum ist es im Brucknerhaus noch weiter bergab gegangen, wie der Kontrollamtsbericht zeigt. Leute, die den Betrieb kennen, erzählen wilde Geschichten von Zuständen, die überall anders undenkbar wären. Wer Entscheidungen Kerschbaums kritisiert hat, musste mit Problemen rechnen, Kündigungen und Versetzungen wurden ausgesprochen. Viele gute Leute haben in den letzten Jahren das Haus verlassen, mittlerweile muss man immer stärker ganze Projekte und Produktionen auslagern. Das kostet und ist wohl eine weitere Ursache für das explodierende Minus des Brucknerhauses. Dass Kerschbaum dann die komplette Programmplanung an eine externe Künstleragentur ausgelagert hat, die dann einfach ihre eigenen Leute bucht, ist wohl folgerichtig und ebenso folgenschwer. So führt man keinen öffentlichen Kulturbetrieb.

Angesichts der massiven und immer dramatischeren Auslastungsprobleme gilt das, was ich 2016 geschrieben habe, um so mehr: Das Brucknerhaus muss komplett neu gedacht werden, vielleicht auch umgebaut werden. Ich warne die Linzer Spitzenpolitik davor, nichts aus den Episoden Frey und Kerschbaum zu lernen und einfach den nächsten Blender zu engagieren, der wieder das Blaue vom Himmel verspricht. Und man weiterhin zulasten der Popularkultur, zulasten des Posthofs und zulasten der freien Szene ohne Konzept Geld in einen Betrieb ohne zukunftstaugliche Strategie pumpt.

Nächste Woche feiert das Brucknerhaus sein 50-jähriges Bestehen mit einen großen Festakt. Das verhagelte Jubiläum sollte man statt zu feiern dazu nutzen, darüber nachzudenken, welche Rolle das Haus die nächsten 50 Jahre im Linzer Kulturuniversum spielen soll.

Der Kontrollamtsbericht

Zuletzt veröffentliche ich hier noch den Kontrollamtsbericht zur LIVA, da ich finde, dass die breite Öffentlichkeit das Recht hat, diesen zu lesen. Öffentliche Einrichtungen wie das Brucknerhaus, der Posthof und die anderen Unternehmen der LIVA gehören uns allen, der Allgemeinheit. Wir finanzieren sie auch und haben ein Recht zu wissen, wie gut oder eben schlecht sie funktionieren. Generell gehört geändert, dass die Berichte des Linzer Kontrollamts nicht veröffentlicht werden – bei Berichten des Bundesrechnungshofs und der Landesrechnungshöfe ist die Veröffentlichung schon lange eine Selbstverständlichkeit. Das wäre auch im Interesse der Politik und Verwaltung, denn viele Kontrollamtsberichte stellen der Linzer Verwaltung auch gute Noten aus. Dem Brucknerhaus aber eben nicht: