Mein Feminismus ist der bessere. Über Sexismusvorwürfe an die KAPU

Weder die KAPU noch die Stadtwerkstatt sind nach unseren Kooperationsanfragen bereit, eine Frauen*Party mit uns zu veranstalten.

So steht’s zumindest in der aktuellen Ausgabe der Malmoe geschrieben, verfasst von drei Fiftitu Aktivistinnen. Kennt man die Szene und die handelnden Personen, so sorgt das erstens für Interesse am näheren Sachverhalt und zweitens für ein Stirnrunzeln. Kann es in der Linzer KAPU und der Stadtwerkstatt, zwei allgemein der Linken zugeordneten Räumen, überhaupt Sexismus geben?

Nona. Würden die beiden etwas anderes behaupten, wäre das wohl der Beweis für eine unreflektierte Auseinandersetzung mit dem Thema. Aber: Das tun beide nicht. Kann im Umkehrschluss das Nichtzustandekommen einer Kooperation aber als Beweis für das komplette(!) Fehlen eines  „feministische“ Verständnisses von KAPU und Stadtwerkstatt gewertet werden? Natürlich auch nicht.

Was mich in der Argumentation von Fiftitu aber am meisten stutzig macht, ist deren Erstaunen über einen Nebensatz in einer E-Mail Konversation mit der KAPU:

„Besonders die Frauen in der Betriebsgruppe wären gegen eine FrauenParty gewesen. Hä? Ganz abgesehen davon, dass es uns schwer fällt, zu verstehen, warum sich linkspolitische Frauen überhaupt gegen Frauenräume aussprechen, geht dieses vermeintliche Argument für die Partyabsage am Thema vorbei.“

Da schwingt mit: Unser Feminismus ist der einzig richtige, eine andere Form kann es nicht geben. Und es klingt so, als hätten sich beide (!) Seiten zu wenig mit den Positionen des Anderen und vor allem der Organisationsstruktur des Gegenübers beschäftigt. Denn dass die KAPU eine schwer basisdemokratisch-organisierte Struktur hat, weiß jede/r, der/die schon mal bei einer Betriebsgruppensitzung war, die jeden Mittwoch um 19:00 Uhr für alle Interessierte offen stehen. Da reicht es halt vielleicht nicht, ein E-Mail zu schreiben und damit zu rechnen, dass sofort der Samtteppich ausgerollt wird, da muss man schon auch Überzeugungsarbeit für sein Ansinnen leisten. Wenn die Frauen der KAPU Betriebsgruppe angeblich gegen „Frauenräume“ sind, wäre es ratsam zuerst bei diesen nachzufragen, warum sie es denn sind, anstatt ihnen prompt medial zu unterstellen, dass sie sich widerstandslos in radikalsexistische Strukturen einfügen. Eine Frauenparty impliziert auch, dass sie organisatorisch von den KAPU-Frauen betreut und umgesetzt werden müsste, und das im Übrigen großteils ehrenamtlich. Dass da vielleicht keine allzu große Begeisterung aufkommt, sich auf Zuruf von Außen unreflektiert für ein Ansinnen einzusetzen, ist verständlich. Und zeugt leider auch von einer etwas absolutistischen Sichtweise der Ruferinnen, die ich so von ihnen eigentlich gar nicht kenne.

Sich anklagend medial zu äußern, ist natürlich legitim. Der Grad der Empörung und ihrer Argumentation lässt aber auf einen Herrschaftsanspruch innerhalb des feministischen Diskurses schließen, den ich für fatal halte. Es gibt aber nun einmal nicht DIE Feministische Theorie und DIE daraus abgeleitete Praxis. Es gibt eine Vielzahl von Positionen und Meinungen, es gibt nicht nur Alice Schwarzer, sondern auch Charlotte Roche. Und es gibt beileibe spannendere Punkte, an denen feministische Kritik in linken Räumen wie der KAPU oder der Stadtwerkstatt ansetzen könnte: Frauenquoten auf der Bühne, Arbeitsaufteilung, Organisationsmodelle, versteckte Hierachien, etc. Aber zu unterstellen, dass es in diesen beiden Räumen gar kein Verständnis für feministische Anliegen gibt, ist nicht haltbar, wie zahlreiche Projekte der beiden Häuser – auch gemeinsame mit Fiftitu – zeigen. Und es schadet auch dem berechtigten Anliegen, den Sexismus im Alltag der linken Strukturen zu thematisieren. Es macht auch die Arbeit der Menschen nicht einfacher, die sich innerhalb der KAPU und der Stadtwerkstatt mit genau diesem Thema beschäftigen. Denn die gibt es, auch wenn der Artikel von Fiftitu anderes vermuten lässt.

Niemand bestreitet, dass es Sexismus in linken Strukturen gibt. Niemand bestreitet, dass es eine Auseinandersetzung damit braucht. Aber über die Art und Weise, wie diese Auseinandersetzung geschieht, über die lässt sich vortrefflich streiten, wie man sieht.

An verschiedenen Fronten wird derzeit über Sexismus in (österreichischen) linken Räumen diskutiert, einen guten Überblick über den Stand der Debatte gibt dieser Indymedia Beitrag wieder.

Nachschau: Kartell TV Mitschnitt online

Wer die Sendung zum Thema „Noten mit Quoten“ letzte Woche verpasst hat, kann sie nun im Sendungsarchiv des freien Fernsehsenders DorfTV nachsehen:

http://dorftv.at/tags/kartell-tv

 

Die Diskussion war ingesamt spannend, auch wenn sie streckenweise zu sehr auf die Veranstaltung Linzfest und das Festival4020 zentriert war. Offen blieben viele Fragen, insbesondere wie die Stadt in ihrer Rolle als Veranstalterin, aber auch die Stadtwerkstatt, zukünftig mit dem Problem umgehen möchten. Denn ja, es stimmt, dass die Stadt in den meisten kulturellen Bereichen gendergerecht und vorbildlich handelt, allerdings entschuldigt dies auf keinen Fall die schlechteren Quoten im Bereich der Musik.

Und ja, es liegt auf der Hand, dass man, um die beschämenden Frauenquoten im Musikbereich zu verbessern, an mehreren Stellen ansetzen muss: In der Ausbildung, in der Vergabe der Orchester-Posten, bei der Förderung von EinzelmusikerInnen, bei den Labels und Verlagen, beim Booking, bei der Leitung der großen Musikveranstaltungshäuser, und und und.

Gerade bei letzterem ist Linz in Männerhand: Egal ob Posthof, Brucknerhaus, Stadtwerkstatt oder in der KAPU, Männer so weit das Auge reicht. Auch unter den vielen Einzelveranstaltern fällt mir leider keine einzige Bookerin ein (und ich hoffe, ich tue damit niemanden unrecht). Und dieses strukturelle Problem könnte die Stadt – und die freie Szene – sehr wohl angehen. Was meint ihr?