Der künstlerische Intendant der LIVA, Dietmar Kerschbaum, wurde heute vom Aufsichtsrat der LIVA freigestellt. Ich habe mir die PK des Bürgermeisters angesehen. Folgende Fragen sind für mich offen:
1. 14 Tage, nachdem Luger über den Verdacht der Schiebung der Vergabe und die weiteren groben Verstöße durch den Whisteblower informiert wurde, hat es eine LIVA-Aufsichtsratssitzung gegeben – genau am 15. Dezember. In dieser Sitzung hat Luger bewusst darauf verzichtet, die anderen Mitglieder über die aufgetauchten Ungereimtheiten zu informieren. Er begründet das damit, dass das Gremium – der gesellschaftsrechtliche Aufsichtrat! – nicht vertrauenswürdig sei. Das ist erstens eine erstaunliche Feststellung und zweitens meiner Meinung nach keine mögliche Ausrede, warum die Informationspflicht nicht mehr gilt. Hätte es den Falterbericht nicht gegeben, wäre dann der Aufsichtsrat nie darüber informiert worden? Was mich wundert: Warum protestieren Die Grünen Linz und die ÖVP Linz und die anderen Aufsichtsratsmitglieder nicht gegen diese Aussage? Was ist die Konsequenz, wenn ein Bürgermeister feststellt, dass ein Kontrollorgan nicht mehr vertrauenswürdig sei? Müsste es dann nicht aufgelöst werden?
2. Laut Luger soll ein Rechtsgutachten ergeben haben, dass es keine strafbare Handlung war, die Fragen vorab zugespielt bekommen zu haben. Wohl aber war es strafbar, diese Fragen Kerschbaum zuzuspielen. Kerschbaum kannte genau zwei Personen des Auswahlgremiums persönlich, der mögliche Kreis der Verdächtigen ist also klein. Welche Form der Ermittlungen wird es geben, um herauszufinden, wer ihm die Fragen zugespielt hat? Wird das Magistrat intern ermitteln? Wenn es strafrechtlich relevant ist, wird eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft von der Stadt eingebracht? Es gibt hier Zeugen zu befragen und Beweismaterial auszuwerten.
3. Selbst wenn es vertraglich zulässig gewesen wäre, dass Kerschbaum am eigenen Haus nochmal extra für Auftritte kassiert: Dass er sowohl für sich als auch seine eigene Frau die 25-fache Gage im Vergleich zum am selben Tag auftretende andere Künstler auszahlen hat lassen, ist meiner Meinung nach potentiell auch strafrechlich relevant, weil es einfach eine eindeutige Überbezahlung darstellt. (Es gilt die Unschuldsvermutung). Warum wurde das heute bei der PK als nebensächlich dargestellt?
4. Wer klärt die Vorgänge rund um das „Internationale Kultur- & Wirtschaftsforum Linz“, kurz IKW Linz, auf? Das ist ein eigenständiger Verein, der aber den Sitz im Brucknerhaus hat, seine Website ist ein Eintrag auf der Brucknerhaus-Website, es hat eine Mailadresse ikw@liva.linz.at und im Aufsichtsrat sitzen sowohl Kerschbaum selbst als auch Mitarbeiter der LIVA. Das IKW Linz hat bei Veranstaltungen Sponsorengelder eingesammelt – was ist mit diesen Geldern passiert? Welche Geldflüsse gab es zwischen dem Verein und dem Brucknerhaus, welche zwischem dem Verein und Kerschbaum? Auch hier braucht es Transparenz – nur wer kann für diese Sorgen? Denn das Kontrollamt hat hier natürlich kein Einblicksrecht. Welche Schritte unternimmt hier die Stadt? Eine Kontoöffnung könnte auch hier nur die Staatsanwaltschaft erreichen.
2016 habe ich einen Beitrag dazu geschrieben, dass das Brucknerhaus Linz neu gedacht werden muss. Anlass war der Abgang von Hans-Joachim Frey und der damals schon nicht gute Zustand des Hauses. Auf mich hat man leider nicht gehört – wenig überraschend. Es wurde einfach der nächste Blender engagiert. Unter sehr dubiosen Umständen, wie wir seit gestern dank des Falters wissen, und wo noch einiges aufzuklären bleibt.
Kerschbaums Zeit am Brucknerhaus wird wohl Ende der Woche schon Geschichte sein, es werden aber auch noch politische Konsequenzen folgen müssen. Wie etwa, wer genau Herr Kerschbaum die Fragen der Jury vorab zukommen ließ. Oder wer dafür gesorgt hat, dass als „unabhängige Expertin“ in der Auswahlkommission ausgerechnet eine Kerschbaum nahestehende Person verpflichtet wurde, die sich dann auch in der Sitzung massiv für ihn aussprach. Es deutet alles darauf hin, dass schon lange vor der Ausschreibung Kerschbaum als Fixkandidat gesetzt war. Vielleicht zahlt es sich als Journalist auch aus, einmal bei Hans-Joachim Frey nachzufragen, wie sein Abtrittsgespräch gelaufen ist.
Lohnenswert wäre es ebenso, die Vorgänge und Geldflüsse rund um das Festival Lido Sounds zu durchleuchten – auch hier gibt es eine ähnliche Konstellation mit einer externen Agentur, die städtische Ressourcen zum eigenen Vorteil nutzen konnte. Hat davon Kerschbaum auch persönlich profitiert?
Unter Kerschbaum ist es im Brucknerhaus noch weiter bergab gegangen, wie der Kontrollamtsbericht zeigt. Leute, die den Betrieb kennen, erzählen wilde Geschichten von Zuständen, die überall anders undenkbar wären. Wer Entscheidungen Kerschbaums kritisiert hat, musste mit Problemen rechnen, Kündigungen und Versetzungen wurden ausgesprochen. Viele gute Leute haben in den letzten Jahren das Haus verlassen, mittlerweile muss man immer stärker ganze Projekte und Produktionen auslagern. Das kostet und ist wohl eine weitere Ursache für das explodierende Minus des Brucknerhauses. Dass Kerschbaum dann die komplette Programmplanung an eine externe Künstleragentur ausgelagert hat, die dann einfach ihre eigenen Leute bucht, ist wohl folgerichtig und ebenso folgenschwer. So führt man keinen öffentlichen Kulturbetrieb.
Angesichts der massiven und immer dramatischeren Auslastungsprobleme gilt das, was ich 2016 geschrieben habe, um so mehr: Das Brucknerhaus muss komplett neu gedacht werden, vielleicht auch umgebaut werden. Ich warne die Linzer Spitzenpolitik davor, nichts aus den Episoden Frey und Kerschbaum zu lernen und einfach den nächsten Blender zu engagieren, der wieder das Blaue vom Himmel verspricht. Und man weiterhin zulasten der Popularkultur, zulasten des Posthofs und zulasten der freien Szene ohne Konzept Geld in einen Betrieb ohne zukunftstaugliche Strategie pumpt.
Nächste Woche feiert das Brucknerhaus sein 50-jähriges Bestehen mit einen großen Festakt. Das verhagelte Jubiläum sollte man statt zu feiern dazu nutzen, darüber nachzudenken, welche Rolle das Haus die nächsten 50 Jahre im Linzer Kulturuniversum spielen soll.
Der Kontrollamtsbericht
Zuletzt veröffentliche ich hier noch den Kontrollamtsbericht zur LIVA, da ich finde, dass die breite Öffentlichkeit das Recht hat, diesen zu lesen. Öffentliche Einrichtungen wie das Brucknerhaus, der Posthof und die anderen Unternehmen der LIVA gehören uns allen, der Allgemeinheit. Wir finanzieren sie auch und haben ein Recht zu wissen, wie gut oder eben schlecht sie funktionieren. Generell gehört geändert, dass die Berichte des Linzer Kontrollamts nicht veröffentlicht werden – bei Berichten des Bundesrechnungshofs und der Landesrechnungshöfe ist die Veröffentlichung schon lange eine Selbstverständlichkeit. Das wäre auch im Interesse der Politik und Verwaltung, denn viele Kontrollamtsberichte stellen der Linzer Verwaltung auch gute Noten aus. Dem Brucknerhaus aber eben nicht:
Österreich nennt sich eine Kulturnation. Aber wie kann es sein, dass in einer Kulturnation der Kunst- und Kulturbereich in der aktuellen Ausnahmesituation so sträflich schlecht behandelt wird? Vor 7 Wochen wurden die ersten Veranstaltungsverbote verhängt. Vor 6 Wochen hat die Bundesregierung Hilfsmaßnahmen für die vielen tausenden Kunst- und Kulturvereine angekündigt. Aber noch immer wurde der Härtefond für NGOs weder konkretisiert, geschweige denn umgesetzt.
Wertvolle Zeit verstreicht ohne eine Lösung, in der mehr und mehr Kulturvereinen das Geld ausgeht. Mieten können nicht bezahlt werden, Kulturorte drohen geschlossen zu werden. Und am schlimmsten natürlich: Mehr und mehr KulturarbeiterInnen werden arbeitslos. Viele sind von der Kurzarbeit ausgeschlossen, weil sie zuvor schon so wenig verdient haben, dass sie nie in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Jene, die zuvor schon wenig hatten, trifft es nun also am härtesten.
Seit Wochen fordern wir als Kulturplattform Oberösterreich vehement eine Lösung für die tausenden geringfügig Beschäftigten im Kulturbereich, aber es ist keine Lösung in Sicht. Die Kulturnation Österreich ist eine nichts anderes als ein Tourismus-Slogan, ein Claim, der wenige reich gemacht hat, und viele immer ärmer werden lässt. Wer sich in Österreich für Arbeit im Kunst- und Kulturbereich entscheidet, muss davon ausgehen, dass er einmal eine Mindestpension beziehen wird. Zahlreiche Studien haben aufgezeigt, wie schlecht es um die Einkommen von Österreichs KulturarbeiterInnen und KünstlerInnen steht. Keine Partei hat es in den letzten Jahren geschafft, das Ruder rumzureissen, die Lage wird immer schlechter, besonders in der freien Szene, aber auch in den unteren Ebenen der großen Häuser.
Wer in Oberösterreichs Kulturleuchttürmen mit Kettenverträgen Jahr für Jahr um eine Verlängerung fürchten musste, wurde nun einfach gekündigt. Jene, die über Leasingfirmen ausgelagert wurden, wurden einfach gekündigt. GastschauspielerInnen ohne fixe Verträge – einfach gekündigt. Aber auch die vielen Einpersonenunternehmen wie Ton- und LichttechnikerInnen, Bühnenbauer und so weiter sind in einem Konkurrenzkampf gefangen, der die Honorare seit Jahren stagnieren oder gar sinken lässt. Und jetzt in der Krise wird sichtbar, wie fragil dieses System der tausenden EinzelkämpferInnen ist.
Österreich braucht eine Kulturpolitik mit Visionen, die sich nicht mit Klein-Klein aufhält. Wir brauchen nicht hier eine Million mehr, da eine Million mehr. Wir brauchen eine Milliarde mehr. Wir brauchen ein Kulturzentrum in jeder Gemeinde, wir brauchen Kunst und Kultur in der Breite und nicht nur in den Leuchttürmen. Wir brauchen faire Bezahlungen, faire Förderungen, faire Honorare – nicht mehr und nicht weniger. Und dafür müssen wir uns organisieren. Werdet Mitglied in einer Gewerkschaft, werdet Mitglied in einem Dachverband. Unterstützt die AktivistInnen oder werdet selber welche. Denn Veränderungen kann es nur geben, wenn wir diese auch vehement einfordern.
Siehe auch den offenen Brief an die Bundesregierung der KUPF OÖ und Schwesterorganisationen:
Ein paar Gedanken zur Relevanz der Kulturpolitik in Österreich:
Seit Bundespräsident Van der Bellen die designierte Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein vor ein paar Tagen mit der Bildung einer ExpertInnenregierung beauftragt hat, wird wild spekuliert, wer welche Ministerien leiten wird. In den vielen hunderten Artikeln mit Spekulationen, Gerüchten, Halbfakten und Bestätigungen wurde ein Ministerium konsequent vergessen: Das Kunst- und Kulturministerium. Erst heute Abend habe ich erstmals über das Abendjournal von Ö1 gehört, dass der designierte Außen- und Europaminister Alexander Schallenberg auch noch die Agenden vom ehemaligen Kanzleramtsminister Blümel, also Kunst, Kultur und Medien, übernehmen wird.
Soweit ich es recherchieren konnte, hat Alexander Schallenberg keinen Kulturbackground: Weder hat er eine entsprechende Ausbildung, noch war er bisher nach öffentlich einsehbaren Informationen beruflich im Kunst- und Kulturbereich tätig. Das ist schade, weil es wieder einmal zeigt, wie unwichtig es den Regierenden erscheint, in diesem Amt jemanden zu haben, der Fachkompetenz aufweist.
Und das ist leider seit Jahren so: Von den letzten 6 KulturministerInnen seit 1995 hatten ganze 5 keinerlei professionellen Kulturbackground (Gernot Blümel, Josef Ostermayr, Gabriele Heinisch-Hosek, Claudia Schmied, Elisabeth Gehrer). Lediglich der letzte SPÖ Kulturministier, Thomas Drozda war zuvor langjährig als Kulturmanager im Burgtheater tätig. Bei Claudia Schmied könnte man noch diskutieren, sie war auf SPÖ Tickets zumindest mehrere Jahre in Vorständen von Kulturbetrieben vertreten.
Es gibt übrigens auch etwas Positives an der Entscheidung, Kunst und Kultur beim Außenministerium anzusiedeln: Damit sind erstmals seit vielen Jahren alle Kulturagenden unter einem Dach. Denn derzeit waren Kulturbotschaften und die Auslandstourförderung auch schon im Außenministerium geparkt, was nicht immer recht glücklich war.
Was wäre nun mein Verbesserungsvorschlag?
Wenn Österreich sich wirklich als Kulturnation verstehen will, dann muss es auch ein eigenständiges Kunst- und Kulturministerium haben, das von einer fachkompetenten Persönlichkeit geleitet wird. Und logischerweise auch mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet ist, um das gesamte Kunst- und Kulturschaffen Österreichs bestmöglich zu unterstützen. Beides fordern die Kultur-Interessenvertretungen wie die IG Kultur, KUPF OÖ, etc übrigens seit langem, leider vergebens.
Es bleibt also zu fürchten, dass im Kulturbereich wieder einmal wenig weitergeht. Auch, wenn das ExpertInnenkabinett wohl nur etwa ein halbes Jahr im Amt bleibt, so zeigt diese Entscheidung, dass die politische Dimension von Kunst und Kultur in Österreich auch weiterhin drastisch unterschätzt wird. Leidtragende sind vor allem die Kunst- und Kulturschaffenden, aber auch das Publikum: Denn Österreich könnte kulturell ganz wo anders stehen, würde die Kulturszene von den Parteien nicht so im Stich gelassen werden. So wird der kulturpolitische Fokus wohl weiterhin zum Großteil auf den großen Institutionen und den touristischen Schlagern Mozart und Festspiele liegen. Die Diversität des kulturellen Schaffens Österreichs und besonders die zeitgenössische Kunst kommen ohne kompetente deutlich zu kurz.
Österreich sollte sich daher nicht Kulturnation nennen, solange sich das nicht ändert.
Warum das Creative Europe Förderprogramm für die kleinen Player immer weniger funktioniert – und was sich daher ändern muss
Als vor einigen Jahren bekannt wurde, dass die EU-Kommission das damalige „Culture Europe“-Förderprogramm umstellen will, war die Aufregung groß. Maßgebliche Eckpunkte der Reform war eine stärkere Ausrichtung auf wirtschaftliche Kriterien und den Kreativwirtschaftsbereich, die Öffnung des Programms für For-Profit-Organisationen und die Zusammenführung mit der Medienförderung unter einem Dach. Nun wurde das seit 2014 laufende, jetzt „Creative Europe“ genannte Förderprogramm auch unter Beteiligung der KUPF evaluiert.
Zahlen und Fakten aus den ersten drei Jahren des Creative Europe zeigen, dass die von vielen gefürchtete Plünderung des Kulturförderprogramms durch For-Profit-Organisationen bis dato noch kaum eingetreten ist. Es sind weiterhin die Non-Profit-Organisationen, die den Großteil der Förderzuschläge bekommen. Diese – für unseren Sektor positive – Nachricht wird aber von anderen Kennzahlen und negativen Entwicklungen überschattet.
Die wohl wichtigste Zahl ist die Erfolgsrate der Einreichungen. Lag diese im Schnitt über die letzte, siebenjährige Culture Europe-Periode in Österreich noch bei etwa 30 %, so liegt sie seit der Umstellung auf Creative Europe nur noch bei rund 13 %, knapp hinter dem europaweiten Schnitt von 16 %. Dennoch ist Österreich im Europavergleich immer noch erfolgreich und kann sich in etwa das Doppelte der Summe an Förderungen zurückholen, die es einzahlt.
Die Ursache für dieses radikale Sinken der Erfolgsrate lässt sich im Wesentlichen auf zwei Punkte zurückführen: Erstens nehmen bei gleichbleibender Finanzierung mehr Länder am Programm teil (38 statt früher 31), damit steigt die Konkurrenz. Und zweitens gab es eine massive Verschiebung weg von den sogenannten kleinen Projekten (bis 200.000 € Zuschuss) hin zu den großen Projekten (bis 2 Mio. € Zuschuss). Die Förderung kleiner Projekte sank von 6 auf 2 pro Jahr, die der großen stieg dafür von 0,7 auf 1,3. Weiters hat sich auch das Verhältnis zwischen jenen Projekten, bei denen die Projektleitung in Österreich lag und jenen, bei denen Österreich nur Partner war, von 1:4 auf 1:1,5 verschoben.
Diese Verschiebung hat dazu geführt, dass es für den Großteil der österreichischen Kulturinitiativen heute kaum mehr attraktiv ist, eine Einreichung vorzubereiten. Der berühmt-berüchtigte Aufwand für eine EU-Einreichung steht für viele in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu dem Ablehnungsrisiko und den zu holenden Mitteln. Dies wird dadurch verschärft, dass die nationale Kofinanzierung in den aktuellen Sparzeiten noch schwieriger und unsicherer geworden ist. Dazu kommen häufig genannte Beschwerden über die Qualität der EU-Jurys, die teilweise offenkundig keine passende fachliche Qualifikation vorweisen können, und deren Bestellungsprozedere sogar für den nationalen Creative Europe Desk intransparent ist. Oder der Umstand, dass es in den letzten beiden Jahren auch zu teils großen organisatorischen Problemen im Ausschreibungsprozess gekommen ist.
Kein Wunder, dass das Image des Creative Europe-Förderprogramms massiven Schaden genommen hat – was nun aber auch auf EU-Ebene erkannt wurde. Die Evaluierung wird daher wohl sowohl zu Änderungen im laufenden Programm führen als auch die Weichen für ein besseres Nachfolgeprogramm stellen. Die KUPF hat folgende Verbesserungsmaßnahmen im Evaluierungsprozess eingebracht:
Kurzfristig braucht es eine stärkere Fokussierung der Bewertung auf inhaltliche statt auf wirtschaftliche Kriterien. Auch muss die Antragstellung und Abwicklung der Kleinprojekte vereinfacht sowie eine neue Projektkategorie „Kleinstprojekte“ (bis 80.000 €) mit stark reduziertem Einreichungs- und Abwicklungsaufwand eingeführt werden. Generell sollten mehr Kleinprojekten statt wenigen Großprojekten gefördert werden. Mehr Vielfalt muss das Ziel sein. Weiters sollte es möglich sein, bei geringen Summen statt der derzeitigen aufwendigen Einzelbelegsabrechnung die Möglichkeit der Pauschalisierung und Prokopfkennzahlenrechnung zu schaffen.
Bei den Großprojekten wäre die Einführung eines zweistufigen Verfahrens sinnvoll (erste Stufe: nur inhaltliches Konzept; zweite Stufe: aktuelles umfangreiches Konzept) sowie die Möglichkeit einer Abrechnung der Konzeptionskosten bei zugesagten Projekten und eine Abschlagszahlung bei negativer Bewertung großer Projekte in der zweiten Stufe. Sehr wichtig ist aus der Praxis auch eine Zahlung der letzten Förderrate bei Projektende, nicht erst nach erfolgter Abrechnung. Auch gilt es dringend festzustellen, dass die fachliche Kompetenz der Juroren und Evaluatoren zwingend gegeben sein muss.
Langfristige, besonders mit Hinblick auf die nächste Periode 2021-2027 braucht es eine Erhöhung des Gesamtvolumens des Creative Europe-Programms. Auch ist eine Abspaltung der Kreativwirtschaftsförderung in ein eigenes Programm unter der Bedingung zu prüfen, dass dieses eigene Gelder erhält und nicht Mittel des Creative Europe-Programms absaugt.
Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Evaluierung, Verbesserungsbedarf gibt es zur Genüge.
Jahresrückblick sind wahrscheinlich schon abgedroschen. Da ich aber nicht immer die Zeit finde, meine diversen Tätigkeiten und Projekte auf diesem Blog zu dokumentieren, schreibe ich hier ein paar Zeilen zu den letzten Monaten. Sowohl, um diese für mich selbst zu ordnen, als auch um mich bei all den tollen, kreativen Menschen bedanken zu können, mit denen ich jeden Tag arbeiten darf.
Tabakfabrik Linz
Prägend für mich ist natürlich nach wie vor meine Arbeit in der Tabakfabrik Linz, der ich einen Großteil meiner täglichen Arbeitszeit widme. Dort zeichne ich mich seit mittlerweile drei Jahren leitend für die Kommunikation zuständig, habe an der allgemeinen Konzeption und Ausrichtung mitgewirkt und wickle Kooperationsprojekte ab. Im Mai haben wir beispielsweise eine wunderschöne neue Website online gestellt (www.tabakfabrik-linz.at), gestaltet von dem grandiosen Grafik Guru Michael Holzer und umgesetzt vom Code-Genie Bene Reiter. Die Inhalte kamen und kommen von der Jetsetliteratin Marianne Jungmaier und Nina Fuchs, die seit Jahresanfang auch die Pressearbeit professionell und gelungen abwickelt. Generell stehen wir konstant im Schnitt bei etwa 80-90 Presseberichten pro Monat und etwa 30-40.000 Views auf unserer Website und in den sozialen Medien, eine Reichweite, mit der ich glaube ich zufrieden sein kann. Darüber hinaus sind viele tolle Projekte und Kooperationen in der Fabrik entstanden, zuviele um alle aufzuzählen. Und das schöne ist, es bleibt spannend, denn wir haben erfreulicherweise im November grünes Licht vom Linzer Gemeinderat bekommen, dass wir den nächsten Entwicklungsschritt im Bau 1 umsetzen können. Yeah!
Burschitour
Zum zweiten Mal habe ich im Jänner einen Aktionstag zur Linzer Burschenschafterszene organisiert. Währen wir bei der ersten Burschitour noch zu Fuß unterwegs waren, haben wir diesmal einen großen Reisebus organisiert, mit dem wir nach einem spannenden Vortrag eines Rechtsextremismus-Experten ein paar der Linzer Buden besucht haben.
Übrigens: Die nächste Demo gegen den Linzer Burschenschaftsball findet am 10. Jänner 2015 statt – hingehen!
Stadtkulturbeirat Linz
Seit 2010 bin ich Mitglied des Linzer Stadtkulturbeirats, seit Beginn dieses Jahres auch dessen Vorsitzender. Der von der Stadt offiziell bestellte und ehrenamtliche Beirat besteht aus 24 Kunst- und KulturexpertInnen und tagt derzeit zweimal jährlich im Plenum. Die Arbeit besteht üblicherweise aus dem Verfassen von kulturpolitischen Empfehlungen an die Linzer Stadtpolitik, teilweise mischt er sich auch ins Tagesgeschäft ein, wie bei der heuer leider erfolgten Kürzung der Förderungen der freien Szene. Das nächste Empfehlungspapier wird übrigens im Februar präsentiert, ich werde es auch hier im Blog verlinken.
Bettellobby OÖ
Vor auch schon wieder vier Jahren war ich einer der Mitinitiatoren der Bettellobby OÖ, die sich in den politischen Diskurs rund um Armut, Migration und Verteilungsfragen einmischt. Anlass war damals die erste geplante Verschärfung der Bettelgesetzgebung, in denen „aggressives“, „aufdringliches“ und „organisiertes“ Betteln verboten werden sollten. Trotz eines durchaus breiten zivilgesellschaftlichen Protestes wurde die Gesetzgebung damals verschärft. Dass auch die sozialdemokratische Partei heuer im Mai nach einer heftigen Kampagne der Krone OÖ (diese hatte innert 9 Tage 8 hetzerische Aufmacher gegen BettlerInnen auf dem Cover und wurde dafür später auch vom Presserat gerügt) ihre bisherige Position fallen ließ und nun sogar selbst auf weitere Verschärfungen im Bettelgesetz drängte, war für mich und viele andere Linke ein Schock, der bis heute anhält. Durch die Novelle wurde schließlich trotz heftiger Protesten mit Stimmen der SPÖ, ÖVP und FPÖ das „gewerbliche“ Betteln in Oberösterreich untersagt. Durch die Schwammigkeit der Begrifflichkeiten all dieser Strafbestände steigt die Missbrauchsgefahr und leider auch -häufigkeit durch Stadtwache und Polizei weiter, viele Berichte von betroffenen BettlerInnen bestätigten die Befürchtungen der Bettelobby. Die jahrelange Aufbauarbeit der rechten Parteien in Kombination (oder Kooperation?) mit den medialen Hetzkampagnen des Boulevards hat ein Klima der Angst und Verunsicherung erzeugt, in dem es die Position, dass soziale Probleme wie Armut nur mit sozialen Lösungen behoben werden können, sich nur schwer Gehör verschaffen kann. Wie gesagt: Dass sogar die Sozial(!)demokratie nun die armen Menschen aus dem öffentlichen Raum verdrängen will, ist ein trauriges Zeichen für eine breit-entsolidarisierte Gesellschaft.
Umso erfreulicher, dass die Liga für Menschenrechte die österreichischen Bettellobbys heuer mit dem Menschenrechtspreis 2014 ausgezeichnet hat. Ich habe den Preis mit Christian Diabl (einer der großartigsten Menschen zum Diskutieren über Politik übrigens!) in Wien entgegengenommen, einen sehenswerten Bericht gibt es dazu in der ZIB2:
Cultural Broadcasting Archive
Heuer war ein spannendes Jahr für das CBA: Derzeit führen wir ein gefördertes EU-Projekt gemeinsam mit Radio Corax aus Deutschland, NearFM Media aus Irland und der Central European University durch, was viel Reisen und Austausch bedeutet. Und ausgetauscht wurde auch fleissig bei der zum zweiten Mal veranstalteten internationelen Konferenz Archivia, bei der viele spannende Vortragende aus ganz Europa teilnahmen. Weiters hat der VFRÖ, der Träger des CBA, heuer im Sommer Verträge mit den Verwertungsgesellschaften abschließen können, was nun heißt, dass auch Musik in den archivierten Beiträgen enthalten sein kann. Ein großer Erfolg für ein so kleines Projekt wie das CBA, da es im Gegensatz zum analogen Rundfunk im digitalen Raum keine Lizenzpflicht der Verwertungsgesellschaften gibt. Wir haben im Übrigen etwa fünf Jahre auf diesen Punkt hingearbeitet und einiges an Lobbying leisten müssen. Und hier liegt auch noch einiges an Arbeit vor uns, denn noch immer ist das UrheberInnenrechtssystem groso Modo nicht den Erfordernissen der modernen Zeit angepasst. Allerdings wird es in Zukunft wohl noch stärker als bisher um die Vernetzung auf europäischer Ebene gehen – es bleibt also spannend.
Achja, und an dieser Stelle ein großer Dank an Ingo Leindecker, mit dem ich seit 2007 an diesem großartigen Projekt arbeiten darf (und der übrigens ein ziemlich tolles Werk produziert hat, das ihr euch kaufen solltet!)
Kulturpolitisches
Abgesehen von meiner Arbeit für den SKB habe ich noch Beiträge für die KUPF Zeitung geschrieben (ein Text zu Linz09 und ein Interview mit Kulturmanager Ulrich Fuchs), einen Text des Linzer Kulturdirektors Julius Stieber veröffentlicht, an Kultur-Diskussionen beispielsweise in St. Pölten teilgenommen oder eine Tour durch die freie Szene mit dem neuen Kulturreferenten Bernhard Baier Baier organisiert. Aja, und ich darf im Verwaltungsausschuss von Radio FRO meinen Senf zu den zukünftigen Wegen des freien Radios dazugeben, eine ehrenvolle und spannende Arbeit mit lauter hochmotivierten Menschen, die sich für dieses wichtige alternative Medienprojekt ins Zeug hauen. Weiters habe ich auch das Projekt Intermezzo von MAIZ begleiten dürfen – da ich euch und ihnen noch immer einen Abschlusstext dazu schuldig bin, verweise ich wegen Details auf diesen. Kommt bald, versprochen!
Schließlich …
… gilt mein Dank den vielen freundlichen, offenen, kreativen, hilfsbereiten Menschen in meinem Umfeld und Netzwerken, mit denen ich zusammen lebe, arbeite, streite, feiere, trauere und diskutiere. Und natürlich geht ein besonderer Fistbump an eine Person im Speziellen, deren scharfsinnigen Geist ich nicht mehr missen möchte – du weißt, wen ich meine.
Also, ich hoffe, wir bleiben uns auch 2015 erhalten!
Hui, der April hat es in sich, mein Kalender quillt über vor lauter interessanten Veranstaltungen, Konferenzen und anderem Kokolores, den man sehen sollte. Hier mein persönliches Best of, mit der vorfreudigen Hoffnung manche von euch dort und da anzutreffen:
Sound:frame x Departure Conference 13.-14.04.12, MAK Wien Asche auf mein Haupt, ich fahre heuer das erste Mal aufs Sound:frame Festival, von dem ich schon so viel gutes gehört habe. Die (ich glaub neue) Konferenz beschäftigt sich am ersten Tag auf hohem theoretischem Niveau mit audiovisueller Kunst-Produktion und ihren gesellschaftlichem Kontext. Am zweiten Tag wird es selbstreflektiv, es wird der Frage nach Sinn und Unsinn des Formats Festival nachgegangen. Spannend! Und Abends gibt’s natürlich ein fettes Musikprogramm im Brut – Ars Electronica Festival, Messer rausgepackt und Scheiben abschneiden! Mehr Infos gibt’s auf der Soundframe Homepage
Kunst, Politik und Aktivismus. Wie sollen wir uns organisieren? 16.04.12, 19:30, Keplersalon Linz Soziale Bewegungen neigen zur Institutionalisierung: aus Streikenden werden Gewerkschaften, aus Hausbesetzungen werden Genossenschaften, aus jungen KonzertveranstalterInnen werden Kulturvereine, aus Kunstvereinigungen werden DienstleisterInnen. Wann machen temporäre Assoziationen Sinn, wann die politische Institutionalisierung? Was kann man als KünstlerIn, AktivistIn oder PolitikerIn aus den Erfolgen und Fehlern der sozialen Bewegungen lernen? Diesem Thema werden die beiden von mir hochgeschätzten Persönlichkeiten Stefan Haslinger und Tina Leisch nachgehen. Für mich aus aktuellem Anlass hochinteressant ;-). Mehr Infos auf der Kupfakademie Homepage.
KEP WS Visions- und Zielfindungsworkshops VI 17.04.2012, 16:00 Uhr, Architekturforum Linz Der KEP Neu-Prozess biegt langsam in die Zielgerade, der letzte inhaltliche Workshop wird sich um die Themenkomplexe „Internationalität / Mobilität“, „Kunstmarkt / Autonome Kulturarbeit“, „Intellektuelles Leben / Dialogfähigkeit“ und „Arbeitsbedingungen / Personelle Ressourcen“ drehen. Nicht nur spannend, weil ich in der KEP-Steuerungsgruppe sitze, sondern weil der Bereich „Autonome Kulturarbeit“ jener ist, in dem ich mich zuhause fühle. Mehr Infos auf der KEP-Homepage.
Mayday Linz Orgatreffen 17.04.2012, 19:00 Uhr, Stadtwerkstatt Linz Hoch die Arbeit? Lieber „Hände hoch“! Und zwar einerseits gerichtet an das 1%: Denn wollen wir wirklich weiter hinnehmen, dass die Reichen und Superreichen weiterhin ihren Luxus auf unsere Kosten ausleben? Und andererseits gerichtet an die 99%: Hände hoch, Fäuste hoch, raus auf die Straße! Zeigen wir am 1. Mai, dass wir uns diese Scheiße nicht mehr länger gefallen lassen! Zeigen wir am 1. Mai, dass es sehr wohl Alternativen gibt zu dem neoliberalen Moloch, der weltweit für Hunger und Elend sorgt! Zeigen wir am 1. Mai, dass die letzten Sandkörner durch das Stundenglas des Kapitalismus rieseln!
So weit mein Aufruf zur heurigen alternativen Maidemo. Wer Lust hat, was beizutragen, kommt zum offenen Orgatreffen! Mehr Infos gibts bei Mayday-Linz.
Außer Kontrolle – Was das Netz über dich weiß 18.04.2012, 19:00 Uhr, Ars Electronica Linz Das Ars widmet sich endlich mal wieder einem politischen Thema, nämlich der Vorratsdatenspeicherung, die so beliebt ja nicht unbedingt ist (Schon unterzeichnet?). Bei der Ausstellungseröffnung ist auch Max Schrems dabei, der durch seine Kampagne gegen Facebook gerade weltweit für Furore sorgt. Mehr Infos gibt’s beim AEC.
„Von der Kunst nicht dermaßen regiert zu werden“ 20.04.12, 14:00 Uhr, Audimax Kollegiumsgasse, Kunstuniversität Linz Wem nützt Kultur? Wie führt unser Begriff von Kultur in der politischen Praxis zu Legitimation von Herrschaftsverhältnissen? Wie kann eine „Kulturrevolution in den Institutionen“ als neue Handlungsanleitung in der Einwanderungsdebatte gesehen werden? Teil zwei der spannenden Symposienreihe „Wem nützt Kultur?“ von Daniela Schopf und Susanne Baumann. Mehr Infos in diesem PDF.
Martin Semmelrogge performt, spricht und liest 20.04.12, 19:00 Uhr, Tabafabrik Linz Ungestüm, wild, ehrlich. Auf unnachahmliche Weise performt, spricht und liest Semmelrogge um Thema Freiheit und Rebellion. Er bedient sich dabei aus seinem umfangreichen Potpourri aus Film, Theater, Hörbüchern und seiner Lebenserfahrung, die er in seiner Autobiografie “Das Leben ist eine Achterbahn” festgehalten hat. Ich kannte den Herren bis vor kurzem noch nicht, bin nach den Schilderungen des Chris Müller aber schon sehr gespannt. Mehr Infos auf dem Tabakfabrik Blog.
Crossing Europe Filmfestival 24.-29.04.2012, Moviemento, OK, Citykino, KAPU, Zollamt, Linz Last, but not least, eines der schönsten Festivals in Linz, das für zumindest eine Woche für wirklich internationalen Flair in der Stadt sorgt (und das bei einem Budget, das die Viennale für ein Buffet verbrät). Mein Eröffnungsfilm wird „Six million and one„, eine österreichisch-deutsch-israelische Koproduktion. Oh, und ich werde bei der Nightline am Mittwoch, dem 25.04. gemeinsam mit anderen Backlab-Haudraufs auflegen. Alles zum umfangreichen Programm findet ihr auf crossing-europe.at