Das Ende (der Stadtwache) ist nahe.

Seit Anfang an war die Linzer Stadtwache, heute Ordnungsdienst Linz, ein kontroverses Thema. Ursprünglich ein Vorschlag der Linzer FPÖ, BZÖ und ÖVP im Kommunalwahlkampf 2009, schien sie eigentlich ein aussichtsloses Unterfangen zu sein, denn im traditionell stark linkslastigen Linz hatten SPÖ, Grünen und KPÖ eine klare Mehrheit im Gemeinderat. Alle drei Parteien haben sich vor dem Urnengang gegen die Stadtwache ausgesprochen. Doch als die SPÖ eine empfindliche Wahlschlappe erleiden musste, war es nötig, eine neue Ressortverteilung im Stadtsenat zu verhandeln. Die FPÖ konnte mit ihren Zugewinnen mehr Einfluss verlangen, begnügte sich aber unter einer Voraussetzung mit dem an Gestaltungsmöglichkeiten armen Sicherheitsreferat: Der Einführung der Stadtwache.

Anders gesagt: Die Stadtwache war das Ergebnis eines politischen Kuhhandels zwischen SPÖ und FPÖ. Das ist bis heute der Grund, warum die SPÖ trotz starker Kritik dieses antisoziale Projekt, das sich so gar nicht mit ihren eigenen Grundwerten verträgt, stützt. Aber auch intern wird die Kritik lauter, der ehemalige SPÖ Stadtrat Johann Mayr und jetziger Geschäftsführer der SPÖ Stiftung L36 nennt die Stadtwache schon offen „sinnlos“:

Johann Mayr Stadtwache sinnlos

Der jüngste Skandal rund um die Stadtwache wurde durch einen Bericht im Magazin Profil publik: Selbsternannte „Bettlerjäger“, die „auf alle hinfahren, die irgendwie osteuropäisch und arm“ aussehen. Selbstportraits der Ordnungswächter mit Adolf Hitler Zitaten in Frakturschrift in den Büros („Flink wie ein Windhund, hart wie Kruppstahl und zäh wie Leder – das ist ein Deutscher Junge“). Mitarbeiter, die Schlägereien provozieren wollen. Vorgesetzte, die bei Beschwerden über das unmenschliche und illegale Vorgehen von Mitarbeitern sagen, „dass alles seine Richtigkeit hat und man mit niemanden von außen sprechen soll“.

Das alles und mehr ist dank den Berichten von ehemaligen MitarbeiterInnen der Stadtwache jetzt ans Licht gekommen. Es hat sich also vieles bestätigt, was KritikerInnen dieser BürgerInnenwehr wie ich schon lange befürchtet haben – dass sie ein Instrument der Rechten gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft ist.

Die Reaktion des verantwortlichen Aufsichtsratvorsitzenden und Linzer FPÖ-Sicherheitsstadtrat Detlef Wimmer?

1. Diffamierung der AufdeckerInnen: Er unterstellt den MitarbeiterInnen, dass sie „gegangen“, also gefeuert wurden und nun Rache nehmen wollen:

Stimmt übrigens einfach nicht. Beide haben freiwillig gekündigt.

2. Abschieben der Verantwortung: Er kann für nichts, schuld ist die ehemalige Geschäftsführerin und heutige Magistratsdirektorin Martina Steininger.

3. Verleugnen, dass es ein Problem gibt: In einem Artikel des Kuriers wurde als Beweis für die Anschuldigen im Profil Artikel das Foto des Mitarbeiters des Ordnungsdienstes mit dem Adolf Hitler Spruch veröffentlicht. Dennoch behauptet der Verantwortliche: „Laut FP-Stadtrat Wimmer gibt es dafür aber keine Beweise.“

4. Absurde Ausreden: In einem Bericht der Linzer Rundschau antwortet Wimmer auf die Vorwürfe, dass sie nicht stimmen können, da sie nie im Aufsichtsrat besprochen wurden. Wohl kein Wunder, wenn wie im Profilartikel geschrieben die Vorgesetzten auf Beschwerden der MitarbeiterInnen antworteten, „dass alles seine Richtigkeit hat und man mit niemandem von außen sprechen soll.“

2014.03.27 - Rundschau Linz - Ordnungsdienst Kritik

Warum naht also das Ende? Ganz einfach: Weil sich Linz die Weiterführung des Projekts Stadtwache nicht mehr leisten kann. Weder politisch, angesichts der vielen Skandale wie diesen, der von mir bewiesenen Ineffizienz, der selbst erwiesenen Nutzlosigkeit oder der sinkenden Zustimmung in der Bevölkerung. Noch finanziell. Zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro kostet hat die Stadtwache pro Jahr, also mehr als jene Summe, die jetzt mit einem massiven Sparpaket im nächsten Gemeinderat eingespart werden soll.

Es ist also unvorstellbar, dass die Stadtwache nach der nächsten Gemeinderatswahl noch existieren wird. Aber wollen die verantwortlichen Parteien wirklich noch so lange bei diesem Trauerspielen zusehen? Ich hoffe nicht. Die Stadtwache gehört so bald wie möglich restlos abgeschafft, für die MitarbeiterInnen gehört ein ordentlicher Sozialplan ausgearbeitet und die vorliegenden Vorwürfe müssen geklärt werden. Das freiwerdende Budget sollte zu gleichen Teilen in den Kulturbereich, den Sozialbereich und simpel zur Defizitreduktion verwendet werden.

Eines verspreche ich euch: Wenn die Stadtwache Geschichte ist, schmeiße ich eine ordentliche Party, okay?

Bald Mehrheit gegen Stadtwache!

Heute wurden die Ergebnisse der Linzer BürgerInnenbefragung veröffentlicht, in deren Rahmen die Meinung von 45.000 LinzerInnen zum Zustand der Stadt abgefragt wurde. Ein wichtiges Thema mit eigenem Kapitel war der Ordnungsdienst, vulgo Stadtwache, und das Ergebnis bestätigt meiner Meinung nach die Kritik der Linzer Zivilgesellschaft. Sehen wir uns das genauer an!

Grafik 1, Quelle: BürgerInnenbgefragung Stadt Linz 2011, Seite 43 und 44

Spannend gleich die ersten drei Statistiken: Während 73% der Befragten die StadtwächterInnen schon einmal gesehen haben, hatten erst 6% persönlichen Kontakt, immerhin 15% haben sie schon bei irgendeiner Amtshandlung beobachtet. Kein Wunder, bei im Schnitt 1,16 Amtshandlungen pro StadtwächterIn pro Tag muss man schon großes Glück Pech haben, den Ordnungsdienst in Aktion zu erleben.

Gut, das könnte jetzt natürlich Wasser auf die Mühlen der FPÖ sein, die sicher lieber 300 als 30 StadtwächterInnen in Linz patroulieren lassen würde. Doch wie sieht die Zufriedenheit mit der Stadtwache aus?

Grafik 2, Quelle: BürgerInnenbgefragung Stadt Linz 2011, Seite 44

Obwohl die Grafik sogar versucht zu suggerieren, dass der Zustimmungsblock links größer ist, in dem sie „teils, teils“ zu ihm zuordnet, so ist die Zufriedenheit eindeutig negativ. Wenn man die Grafik auf das wesentliche reduziert ist das eigentliche Resultat auch auf den ersten Blick ersichtlich:

Grafik 3: Zufriedenheit mit dem Ordnungsdienst subsimiert

Mit 68,48% sind mehr als zwei Drittel der LinzerInnen, die Angaben zur Zufriedenheit machten, mit der Stadtwache (sehr) unzufrieden! Umgekehrt gaben in der selben Befragung 67,27% der LinzerInnen an, mit der Arbeit der Polizei (sehr) zufrieden zu sein. Meiner Interpretation nach ein eindeutiges Votum dafür, die Sicherheits-Zuständigkeit nicht in die Hände privater Sicherheitskräfte zu legen, schon gar nicht unter Leitung eines FPÖ-Rechtsaußen wie einem Detlef Wimmer.

Grafik 4, Quelle: BürgerInnenbgefragung Stadt Linz 2011, Seite 45

Abgefragt wurde auch der persönliche Eindruck der StadtwachemitarbeiterInnen: Kurz zusammengefasst nehmen die Befragten die Stadtwache tendenziell höflich, hilfsbereit, freundlich und ordentlich war, negativ benotet wird die Sachkompetenz, das Engagement und ihre Arbeit. Lapidar gesagt: Nette Menschen, die sinnlos spazieren gehen.

Doch die interessantesten Informationen findet man in der letzten Tabelle:

Grafik 5, Quelle: BürgerInnenbgefragung Stadt Linz 2011, Seite 45

Nur noch 49% bewerten die Einführung der Stadtwache positiv, 45% bewerten sie negativ. Sehr eindeutig fällt auch hier die Bewertung der Sinnhaftigkeit der Stadtwache aus: Nur 19% der Befragten geben an, sich sicherer zu fühlen, ganze 74% haben keine Veränderung bemerkt. Auch geben nur 22% der Befragten der Aussage recht, dass die Stadtwache positiven Einfluß auf die Sauberkeit und Ordnung hatte, was immer man auch darunter versteht. Dreimal so viele Menschen, also 69%, haben auch hier keine Veränderung bemerkt.

Und nun zum wohl wichtigsten Punkt: 46% der Menschen finden die Stadtwache überflüssig und nicht notwendig, nur noch 47% signalisieren Zustimmung zur Stadtwache. Damit hat sich der Trend fortgesetzt, den ich im November schon analysiert habe. Die aktualisierte Grafik ist eindeutig:

Grafik 6: Zustimmung zur Stadtwache Linz

Grafik 6: Zustimmung zur Stadtwache Linz

Seit der Einführung der Stadtwache verliert diese also immer mehr an Zustimmung. Wenn der Trend anhält, kann es nicht mehr lange bis zur mehrheitlichen Ablehnung der Stadtwache durch die Linzer Bevölkerung dauern.

Daraus ergeben sich für die Politik zwei Handlungsmöglichkeiten: Man kann eine Ausweitung der Kompetenzen und der Fördermittel fordern, wie es FPÖ Stadtrat Detlef Wimmer heute in einer Presseaussendung tut und welcher damit hofft, „die Zustimmung zum Ordnungsdienst weiter auszubauen“. Oder, die Linzer Sozialdemokratie könnte sich ihrer grundsätzlichen Werte besinnen und endlich aufhören, die Stadtwache zu verharmlosen und sie als das bekämpfen, was sie ist:

Ein Instrument der Einschüchterung, ein Instrument gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft, ein Instrument, das im Sinne der Rechten Ängste schürt statt sie zu entschärfen. Und ein Instrument, dass 1,3 Millionen Euro pro Jahr verschlingt, ohne auch nur eines der sozialen Probleme zu lösen, die es zu lösen vorgibt.

Die Stadtwache-Lüge oder: Zustimmung im Sinkflug!

Letzte Woche waren in den Linzer Lokalmedien wieder einmal Artikel wie dieser über den Ordnungsdienst Linz, vulgo Stadtwache, zu lesen:

Zuerst hab ich mir gedacht, kein Wunder! Von jeder zweiten Plakatwand lächeln einem seit einem Jahr  zwei freundliche StadtwächterInnen entgegen und per Post hat jeder Linzer Haushalt einen hübschen Imagefolder bekommen- zeitlich perfekt passend zum Start der BürgerInnenbefragung mit Stadtwacheschwerpunkt, welch Zufall!

Wer wissen möchte, wie viel es kostet, die LinzerInnen daran zu erinnern, wie super sie die Stadtwache finden, dem empfiehlt sich die Lektüre einer Anfragebeantwortung initiert von der KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn:

Wie hoch sind die Kosten der Imagewerbung für den Ordnungsdienst?
Die Gesamtkosten für die im Jahr 2011 geplanten Maßnahmen an Öffentlichkeitsarbeit für die Ordnungsdienst der Stadt Linz GmbH belaufen sich auf rund € 34.000,–.

Anfragebeantwortung zur Stadtwache Imagekosten

34.000 € für Imagewerbung, da wird ja wohl die Zustimmung in den Himmel schießen, wie der Tips-Artikel suggeriert. Da ich mich ja schon länger mit der Stadtwache beschäftige, kommt mir das irgendwie seltsam bekannt vor. Eine IMAS Umfrage zur Stadtwache, das hatten wir doch schon mal?

Aja, und zwar im Juni 2009 im Auftrag der ÖVP, sowie im Oktober 2010 im Auftrag der FPÖ und im Oktober 2011 nochmals im Auftrag der FPÖ. Hmmmm… vergleichen wir doch mal die Ergebnisse:

 

Sehr gute Idee Gute Idee Weniger gute Idee Keine gute Idee Keine Meinung
Juni 2009 36% 34% 17% 13% 0%
Oktober 2010 25% 35% 15% 21% 4%
Oktober 2011 17% 38% 22% 23% 0%

Zusammengefasst also:

Positiv Negativ
Juni 2009 70% 30%
Oktober 2010 60% 36%
Oktober 2011 55% 45%

Und jetzt noch als hübsche Grafik:

Alles klar? So sehr die FPÖ es sich auch wünscht, aber immer mehr LinzerInnen und Linzer sprechen sich gegen die Stadtwache aus. Es ist also endlich an der Zeit, dieses unsägliche Angstinstrument der FPÖ abzudrehen. Und mit den dann freiwerdenden 1,5 Millionen € der Stadtwache könnte man locker die Budgetprobleme der freien Szene lösen.

Leistungsanalyse Stadtwache Linz: 130€ für einmal den Weg zum nächsten Klo zeigen

Nach dem ersten Jahr Stadtwache, auch euphemistisch Ordnungsdienst genannt, zieht die Stadt Linz stolz Bilanz: 7.678 dokumentierte Vorgänge! Das klingt doch auf den ersten Blick nach was, aber sehen wir uns das mal im Detail an:

Im Schnitt steht die Leistungsbilanz bei 21 Vorgängen pro Tag – wohlgemerkt ingesamt für alle 18 Bedienstete. Also 1,16 Vorgänge pro Tag pro StadtwächterIn. Anders ausgedrückt: Ein typischer, kompletter Tag der 18 Bediensteten der Linzer Stadtwache sieht so aus:

9 StadtwächterInnen geben jeweils einer Person die Auskunft, wo das nächste öffentliche Klo ist.

5 StadtwächterInnen bitten eine/n HundebesitzerIn, ihr Tier an die Leine zu nehmen.

3 StadtwächterInnen rufen die LinzAG an und melden, dass sie Müll auf der Straße gefunden haben.

1 StadtwächterIn vertreibt eine/n BettlerIn oder eine/n StraßenmusikerIn, überwacht den Anstand und die öffentliche Ordnung und den Jugendschutz.

Den ganzen Tag spazieren gehen und einmal Auskunft geben, das ist polemisch gesagt der statistische Durchschnittstag eines/einer MitarbeiterIn des Linzer Ordnungsdienst. Da mutet es ja fast ironisch an, dass jene Parteien, die die Stadtwache am stärksten unterstützen, so gerne mit der Leistungsgesellschaft hausieren gehen. Aber damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich fordere nicht, dass die Stadtwache öfter eingreifen soll, ich möchte im Gegenteil Argumente für die sofortige Auflösung aufzeigen.

Nun, wer denn jetzt in Linz spazieren geht und Auskunft gibt, das könnte mir ja relativ egal sein, würde die Stadtwache nicht aus öffentlicher Hand finanziert. Mit 18 MitarbeiterInnen hatte die Stadtwache ein Budget von 1.000.000,00 €, nach der erfolgten Aufstockung wird mit Kosten von 1.500.000,00 € gerechnet. Sehen wir uns also die Kostenanalyse des ersten Jahres an:

Wir sehen also, die Stadt Linz hat letztes Jahr 450.000 € investiert um mobile Infopunkte zu bezahlen – circa so viel, wie das ganze Theater Phoenix an Jahressubvention bekommt. Weitere 300.000 € wurden in Vorgänge im Zusammenhang mit Hunden investiert – drei mal so viel wie die Linzer Stadtwerkstatt an Subventionen erhält. 170.000 € um die Müllabfuhr anzurufen – damit könnte man die Subvention des Crossing Europe Filmfestivals vervierfachen. Ganze 40.000 € um das Bettelverbot durchzusetzen – hier wird also Geld investiert um arme Menschen zu vertreiben, statt ihnen mit diesem Geld zu helfen. 17.000 € kostet die Bekämpfung illegaler Straßenmusik – circa so viel wie letztes Jahr für zwei Kunstprojekte als Förderung zuerst zu, und dann auf Druck der FPÖ wieder abgesagt wurde.

Und rechnet man sich nun aus, wie viel also ein Einsatz der Stadtwache kostet kommt man auf den stolzen Preis von 130 €.

Die Linzer Stadtwache ist nicht nur ein Angstinstrument der ÖVP und FPÖ, die damit ihre verfehlte Sicherheitspolitik durchsetzen möchte, sie ist auch eine riesen Geldverschwendung. Ich wiederhole daher meine Forderung: Die Stadtwache soll sofort aufgelöst werden, das freiwerdende Budget in den Sozial- und Kulturbereich fließen!

Die Zustimmung zur Stadtwache ist im Sinkflug – in Onlineumfragen fordern schon 73% die sofortige Auflösung! Und ihr, liebe LinzerInnen, habt es in der Hand, denn in der gerade gestarteten BürgerInnenbefragung der Stadt Linz wird auch eure Meinung zur Stadtwache abgefragt. Ich hoffe, dass euch diese Analyse geholfen hat, ein Bild von der Sinnhaftigkeit der Stadtwache zu machen. Mehr Informationen und Argumente zur Stadtwache findet ihr unter http://www.stadtwachelinz.at