Waisenhäuser für verwaiste Werke

oder: Wie man Einfluß auf EU-Gesetze nimmt.

Wahrscheinlich nur wenige Menschen bekommen einen tieferen Einblick in jene Prozesse auf EU-Ebene, die zu neuen gesetzlichen Regelungen führen. Intransparenz und Realitätsferne werden der EU oft unterstellt. Doch die Herausforderung einen Konsens im europäischen Staatenverbund mit seinen 400 Millionen BürgerInnen, 27 Mitgliedsstaaten und tausenden Interessensverbänden zu finden ist eine große, wie vor kurzem auch US-Präsident Obama bemerkte: „Es gibt wirklich viele Institutionen hier in Europa.“

Ich hatte vor kurzem erstmals die Chance, mich in einen solchen Prozess einzuklinken. Die europäische Kommission möchte eine neue Regelung für so genannte verwaiste Werke finden, also Bücher, Musikstücke und so weiter, deren UrheberInnen und RechteverwerterInnen nicht mehr bekannt sind. Die Nutzung solcher Werke ist nämlich derzeit, unabhängig von einer vorausgehenden Recherche, eigentlich eine UrheberInnen-Rechtsverletzung und kann zu einer Klage führen, sollte ein rechtmässiger Erbe oder Urheber später auftauchen.

Die europäische Kommission hat nun einen Vorschlag erarbeitet, der nun von den Mitgliedsländern begutachtet wird. Diese müssen den Vorschlag nach Verabschiedung auf EU-Ebene dann in nationales Recht umwandeln, denn Urheberrecht ist noch immer eine Domäne der Nationalstaaten. Dafür tagt eine eigene Arbeitsgruppe in Brüsel, die sich aus VertreterInnen der Kommission und Spitzenbeamten der Mitgliedsländer zusammen setzt. Diese wiederum versuchen, zumindest in Österreich, in Kontakt mit allen betroffenen Stakeholdern zu stehen, und einer von den 200 AdressatInnen im Mailverteiler bin ich.

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Zu Gast beim wütenden Teddy

Gestern Abend wurde ich von dem ebenso umtriebigen Daniel Friesenecker eingeladen, für seinen Podcast auf TheAngryTeddy.com eine viertel Stunde über die Open Commons Region Linz, Creative Commons, das CBA und Anonymous zu plaudern. Daniel ist Experte für Social Media, freier Medien Veteran und seine Homepage ist eine Fundgrube für Interessantes zu den Themen Social Media, Gadgets und Internetpolicies.

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Nachschau: Kartell TV Mitschnitt online

Wer die Sendung zum Thema „Noten mit Quoten“ letzte Woche verpasst hat, kann sie nun im Sendungsarchiv des freien Fernsehsenders DorfTV nachsehen:

http://dorftv.at/tags/kartell-tv

 

Die Diskussion war ingesamt spannend, auch wenn sie streckenweise zu sehr auf die Veranstaltung Linzfest und das Festival4020 zentriert war. Offen blieben viele Fragen, insbesondere wie die Stadt in ihrer Rolle als Veranstalterin, aber auch die Stadtwerkstatt, zukünftig mit dem Problem umgehen möchten. Denn ja, es stimmt, dass die Stadt in den meisten kulturellen Bereichen gendergerecht und vorbildlich handelt, allerdings entschuldigt dies auf keinen Fall die schlechteren Quoten im Bereich der Musik.

Und ja, es liegt auf der Hand, dass man, um die beschämenden Frauenquoten im Musikbereich zu verbessern, an mehreren Stellen ansetzen muss: In der Ausbildung, in der Vergabe der Orchester-Posten, bei der Förderung von EinzelmusikerInnen, bei den Labels und Verlagen, beim Booking, bei der Leitung der großen Musikveranstaltungshäuser, und und und.

Gerade bei letzterem ist Linz in Männerhand: Egal ob Posthof, Brucknerhaus, Stadtwerkstatt oder in der KAPU, Männer so weit das Auge reicht. Auch unter den vielen Einzelveranstaltern fällt mir leider keine einzige Bookerin ein (und ich hoffe, ich tue damit niemanden unrecht). Und dieses strukturelle Problem könnte die Stadt – und die freie Szene – sehr wohl angehen. Was meint ihr?

Drei Jahre Meinungsvielfalt – Happy B-Day junQ.at!

Ich erinnere mich noch genau, als ich vor knapp drei Jahren im Moviemento Büro mit zwei jungen Menschen namens Oliver und Daniel über die Tabakwerke und unseren Kulturverein plaudern durfte. Daraus wurde ein Interview für das gerade frisch gegründete Onlinemedium junQ.at, heute subtext.at. Man spürte deutlich den Drang der beiden, nicht nur einen interessanten Text zu produzieren, sondern auch einen kritischen politischen Beitrag zu leisten in einer an tiefergehender intellektueller Diskussion armen lokalen Medienumgebung.

Heute, drei Jahre später, weist mich ein SMS von Markus Reindl auf eine lesenswerte Debatte rund um einen kontroversiellen Artikel auf subtext zum Thema Social Media hin. In dieser vertritt Florian Schwalsberger die etwas kulturpessimistische Ansicht, dass, verkürzt gesagt, unsere zwischenmenschlichen Beziehungen unter den virtuellen sozialen Beziehungen leiden. Kurz und knackig, pointiert und provokant und dabei funktional – denn kurz darauf entsteht, natürlich wo sonst, auf Facebook die erwähnte hitzige Debatte über den Inhalt des Artikels. Daniel, mittlerweile berufstätig als Social Media Experte, hat klarerweise eine andere Ansicht zu diesem Thema und schon fliegen die Hackl hin und her.

Ich möchte nicht all zu sehr inhaltlich auf die Diskussion eingehen, da gibt es versiertere KommentatorInnen. Warum ich das alles erwähne hat einen Grund: junQ.at mit ihrem Blog subtext.at und ihrem Magazin frischluft schaffen Raum für Debatten und dieser wird auch genutzt, wenn man sich die Vielzahl an Menschen ansieht, die an diesen ambitionierten Projekten mitarbeiten. Selbstermächtigende Medienarbeit: Junge Menschen, die sich mit ihren eigenen Themen beschäftigen können abseits von kommerziellen Interessen. Offen und transparent, autonome Kulturarbeit wie sie im Buche steht. Und das ganze mit dem politisch-kulturellen Selbstverständnis, dass sie Teil jener alternativen Kulturszene sind, die sie mit ihrer Arbeit fördern. Und auch, wenn man manchen Artikeln anmerkt, dass sie nicht von professionellen SchreiberInnen stammen, und auch, wenn manche Debatte in der Hitze des Gefechts am Kern vorbei geht, so beweist das für mich vor allem:

Dass hier Menschen mit Leidenschaft am werken sind! Junge Menschen, die sich nicht zufrieden geben mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und nicht nur jammern, sondern aktiv vorleben, wie es anders geht. Und dass es nicht immer um Reichweiten und deren ökonomischer Verwertung gehen muss, sondern um Meinungsvielfalt und Diskurs. Und da kann sich so manches andere Medium eine Scheibe abschneiden.

So, und ich freu mich jetzt auf die junQ.at Geburtstagsparty, heute Abend in der Stattwerkstatt, wo ich mit jenem Markus Reindl aka Aka Tell nach seinem Auftritt und dem Daniel bei einem Bier ganz real und sozial weiterdiskutieren werde.

Happy Birthday, junQ.at, und weiter so!