Linz verendet – ohne freie Kultur! Eine Replik

Vor drei Wochen hat die freie Szene Linz einen Protestbrief an den Kulturreferenten Dr. Erich Watzl adressiert, um auf Missstände in der Entwicklung des Kulturbudgets der Stadt Linz aufmerksam zu machen. Er wurde von einem Großteil der Linzer Kulturinitiativen und einer Vielzahl von Privatpersonen, auch mir, unterzeichnet:

Offener Brief der freien Szene Linz

Im Kern geht es natürlich wieder einmal ums liebe Geld:

Nicht erst seit der jüngsten Krise, sondern seit 2004 stagniert das der freien Szene zuordenbare Budget. Der Anteil der freien Szene am gesamten Kulturbudget beträgt derzeit circa 2,7%, in absoluten Zahlen müssen sich die mehr als fünfzig Kulturinitiativen und hunderte KünstlerInnen 1,2 Millionen Euro teilen. Und das in einer Zeit, in der Linz kulturell aufblüht – fast monatlich gründen sich neue Kulturinitiativen, deren InitiatorInnen mit viel Elan und Engagement das Leben in dieser Stadt bereichern!

Der Ernst der Lage wird einem bewusst, vergleicht man die Entwicklung des Budgets der freien Szene mit dem gesamten Kulturbudget der Stadt und mit der Inflationsrate:

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Um 4:00 Uhr Morgens kommt in Linz das Betthupferl

Feiern bis in die Morgenstunden? Foto von Wolfgang Sterneck

Feiern bis in die Morgenstunden? Nicht in Linz! Foto von Wolfgang Sterneck

Seit September dürfen Wiener Veranstaltungshäuser und Clubs bis 6:00 Uhr Morgens offen halten, bis dahin war um 4:00 Uhr Morgens Schluß. Eine Regelung, die besonders in der elektronischen Musikszene begrüßt wird. Beispielsweise das Wiener Flex hatte unter der frühen Sperrstunde gelitten, die von einer machtbesessenen Wiener ÖVP-Lokalpolitikerin namens Ursula Stenzel benutzt wurde, um gegen die ihr unliebsame Einrichtung zu kämpfen. Typisch Österreich, möchte man sagen, denn BesucherInnen aus Deutschland wundern sich oft über die scharf exekutierten Sperrstunden. Diese wurden in Berlin zur Wahrung des kulturellen Lebens nämlich schon 1945 abgeschafft und sind mittlerweile in den meisten deutschen Bundesländern Geschichte. Auch in Frankreich beginnt die Sperrstunde erst um 7:00 Uhr, selbst das für seine Mitternachtssperrstunde berüchtigte Großbritannien hat seine Gesetze liberalisiert und die Sperrstunde de Fakto abgeschafft.

Wie sieht das also in Linz aus? Die Sperrstunde wird duch die Oberösterreichische Sperrstundenverordnung aus dem Jahr 2002 geregelt. Spätestens um 04:00 Uhr ist für alle Schluß, einzige eine Sonderbewilligung durch den Bürgermeister kann die Sperrstunde aufschieben. Für eine Kulturstadt ein Armutszeugnis, denke ich mir, und stelle an alle Linzer Parteien folgende Fragen:

1) In Wien dürfen Diskotheken, Clubs und Clubbing-Lounges in Zukunft bis 6:00 Uhr offen halten, in Linz nur bis 4:00 Uhr. Ist auch in Linz an eine Anpassung der Sperrstunde gedacht?

2) Wird sich ihre Partei für eine Anpassung der Sperrstunde nach Wiener Vorbild einsetzen?

Hier die Antworten:

Severin Mayr, Grüne Linz:

1) Es handelt sich bei der Sperrstundenregelung um eine Verordnung des Landeshauptmanns in mittelbarer Bundesverwaltung, die wegen des sachlichen Zusammenhanges an ein Mitglied der Landesregierung (in Fall der letzten Novelle 2006 an den Wirtschaftslandesrat) delegiert wurde. Diese Verordnung der mittelbaren Bundesverwaltung kommen nicht in die Landesregierung oder in den Landtag. Die Verordnung gilt dann natürlich auch für Linz und kann für Linz auch nur geändert werden, wenn der Wirtschaftslandesrat eine neue Verordnung erlässt. Das ist mWn aktuell nicht der Fall (vor allem weil die aktuelle Verordnung erst im Jahr 2006 entstanden ist). Ausnahmeregelungen können jedoch in Einzelfällen von der BürgermeisterIn erlassen werden!

2) Wir haben schon 2006 gesagt, dass wir die Verkürzung der Sperrzeiten durch den zuständigen Landesrat für einen Fehler halten. Es war auch schon zuvor so, dass Sperrzeiten durch den Bürgermeister verändert werden konnten, wenn es zu Problemen kam.

Gerlinde Grünn, KPÖ Linz:

Bis dato gingen meinen Recherchen nach sperrstunden Veränderungswünsche in Linz immer von den WirtInnen aus – zumeist ging es um die Öffnungszeiten für Gastgärten und daraus resultierenden Interessenskonflikten Wirt-Gäste-AnrainerInnen.

Veränderungswünsche von seiten von kommerziellen Diskotheken- und Clubbingbetreiberinnen bezüglich der hier geltenden Sperrstundenregelung sind mir nicht bekannt, wirds aber vermutlich geben, denn je länger die Öffnungszeit desto größer der reibach.

Wie es auf seiten der Kulturinitiativen, die ja auch VeranstalterInnen sind, ausschaut muss ich erst in Erfahrung bringen. Eins ist jedenfalls klar, das Partyvolk geht erfahrungsgemäß dann heim, wenn die Musi aus ist, ob es nun 4 oder 6 Uhr Früh ist.

Die Interessen kommerzieller Betreiberinnen nach Ausweitung der Öffnungszeiten sind nicht mein Anliegen, sollte aber von seiten der Kulturinitiativen hier spezifische Interessen bestehen (Ausnahmeregelungen) kann ich mir eine Unterstützung für diese durchaus vorstellen.

Erika Rockenschaub, SPÖ Linz:

Bei uns sind die Sperrstunden durch eine Verordnung des Landeshauptmannes geregelt (und nur der kann sie auch ändern). In Linz kann der Bürgermeister individuelle Änderungen für Einzellokale durchführen (was er auch macht, wenn die Notwendigkeit besteht).

Eine generelle Sperrstunde in Linz um 4:00 gibt es (lt. Aussage der Zuständigen) nicht. Aus diesem Grund ist von uns dzt. keine Änderung geplant, wir haben auch keine Anfragen diesbezüglich.

Susanne Wegscheider, ÖVP Linz:

Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage auf Wien und der geplanten Öffnungszeit für Diskotheken und Clubs bis 6 Uhr. In Oberösterreich gibt es auf Landesebene die OÖ-Sperrstundenverordnung, wonach Kaffees, Bar, Diskotheken, etc. generell das Recht haben bis 4 Uhr geöffnet zu haben. In § 113 Gewerbeordnung wird den Gemeinden das Recht eingeräumt, frühere oder spätere Sperrzeiten individuell zu genehmigen.

Auf Grund meiner Anfrage an das Bezirksverwaltungsamt der Stadt Linz, kann ich Ihnen mitteilen, dass aktuell 23 Gastronomiebetriebe in Linz eine Ausnahmegenehmigung für eine spätere Sperrstunde als 4 Uhr haben!

In diesem Sinne ist Ihr Anliegen um eine spätere Sperrstunde in Linz bereits umgesetzt. Ich halte die bestehende Regelung, wonach Gemeinden abweichend von der generellen landesgesetzlichen Sperrstundenverordnung induviduell auf Grund der lokalen Gegebenheiten frühere oder spätere Sperrstunden festlegen können, für praxisgerecht und sinnvoll.

Nachstehend darf ich Ihnen noch die Bestimmungen des § 113 Gewerbeordnung übermitteln, in denen Gemeinden die Befugnis eingeräumt wird induviduell verlängerte oder verkürzte Öffnungszeiten zu genehmigen.

Zusammengefasst: ÖVP und SPÖ sind mit der derzeitigen Regelung zufrieden und sehen sich nicht veranlasst, eine Änderung anzuregen. Allerdings ist es kritisch zu hinterfragen, nach welchen Kriterien über eine verlängerte Sperrstunde entschieden wird. Ohne allgemein gültige Regeln klingt es stark nach Willkür, wer in Linz länger aufsperren darf. Daher ist es erfreulich, dass die beiden Oppositionsparteien Grüne und KPÖ die aktuelle Sperrstundenregelung kritisch sehen und eine Änderung zumindest diskutieren würden.

Ich persönliche bin jedenfalls für eine generelle Aufhebung der Sperrstunde nach dem Vorbild Englands und Deutschlands. Eine Liberalisierung wird nicht dazu führen, dass um 7:00 Uhr morgens noch grölende Herden betrunkener Menschen durch die Straßen ziehen werden. Ich bin mir natürlich bewusst, dass es durchaus immer wieder Probleme mit nächtlichen Randalen und Betrunkenen gibt. Aber ich glaube nicht, dass man all jene einschränken muss, die verantwortungsbewusst feiern können und tanzen möchten, nur weil ein paar Idioten über die Stränge schlagen. Muss unsere Gesellschaft wirklilch erwachsenen Menschen vorschreiben, wann die Party aus sein muss? So wie meist sind Probleme mit Verboten selten gelöst, sondern werden eher an den Rand unserer Wahrnehmung verschoben.

Wie seht ihr das, liebe Kulturinitiativen, Partygäste, KellnerInnen, DJs und VeranstalterInnen?

Leistungsanalyse Stadtwache Linz: 130€ für einmal den Weg zum nächsten Klo zeigen

Nach dem ersten Jahr Stadtwache, auch euphemistisch Ordnungsdienst genannt, zieht die Stadt Linz stolz Bilanz: 7.678 dokumentierte Vorgänge! Das klingt doch auf den ersten Blick nach was, aber sehen wir uns das mal im Detail an:

Im Schnitt steht die Leistungsbilanz bei 21 Vorgängen pro Tag – wohlgemerkt ingesamt für alle 18 Bedienstete. Also 1,16 Vorgänge pro Tag pro StadtwächterIn. Anders ausgedrückt: Ein typischer, kompletter Tag der 18 Bediensteten der Linzer Stadtwache sieht so aus:

9 StadtwächterInnen geben jeweils einer Person die Auskunft, wo das nächste öffentliche Klo ist.

5 StadtwächterInnen bitten eine/n HundebesitzerIn, ihr Tier an die Leine zu nehmen.

3 StadtwächterInnen rufen die LinzAG an und melden, dass sie Müll auf der Straße gefunden haben.

1 StadtwächterIn vertreibt eine/n BettlerIn oder eine/n StraßenmusikerIn, überwacht den Anstand und die öffentliche Ordnung und den Jugendschutz.

Den ganzen Tag spazieren gehen und einmal Auskunft geben, das ist polemisch gesagt der statistische Durchschnittstag eines/einer MitarbeiterIn des Linzer Ordnungsdienst. Da mutet es ja fast ironisch an, dass jene Parteien, die die Stadtwache am stärksten unterstützen, so gerne mit der Leistungsgesellschaft hausieren gehen. Aber damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich fordere nicht, dass die Stadtwache öfter eingreifen soll, ich möchte im Gegenteil Argumente für die sofortige Auflösung aufzeigen.

Nun, wer denn jetzt in Linz spazieren geht und Auskunft gibt, das könnte mir ja relativ egal sein, würde die Stadtwache nicht aus öffentlicher Hand finanziert. Mit 18 MitarbeiterInnen hatte die Stadtwache ein Budget von 1.000.000,00 €, nach der erfolgten Aufstockung wird mit Kosten von 1.500.000,00 € gerechnet. Sehen wir uns also die Kostenanalyse des ersten Jahres an:

Wir sehen also, die Stadt Linz hat letztes Jahr 450.000 € investiert um mobile Infopunkte zu bezahlen – circa so viel, wie das ganze Theater Phoenix an Jahressubvention bekommt. Weitere 300.000 € wurden in Vorgänge im Zusammenhang mit Hunden investiert – drei mal so viel wie die Linzer Stadtwerkstatt an Subventionen erhält. 170.000 € um die Müllabfuhr anzurufen – damit könnte man die Subvention des Crossing Europe Filmfestivals vervierfachen. Ganze 40.000 € um das Bettelverbot durchzusetzen – hier wird also Geld investiert um arme Menschen zu vertreiben, statt ihnen mit diesem Geld zu helfen. 17.000 € kostet die Bekämpfung illegaler Straßenmusik – circa so viel wie letztes Jahr für zwei Kunstprojekte als Förderung zuerst zu, und dann auf Druck der FPÖ wieder abgesagt wurde.

Und rechnet man sich nun aus, wie viel also ein Einsatz der Stadtwache kostet kommt man auf den stolzen Preis von 130 €.

Die Linzer Stadtwache ist nicht nur ein Angstinstrument der ÖVP und FPÖ, die damit ihre verfehlte Sicherheitspolitik durchsetzen möchte, sie ist auch eine riesen Geldverschwendung. Ich wiederhole daher meine Forderung: Die Stadtwache soll sofort aufgelöst werden, das freiwerdende Budget in den Sozial- und Kulturbereich fließen!

Die Zustimmung zur Stadtwache ist im Sinkflug – in Onlineumfragen fordern schon 73% die sofortige Auflösung! Und ihr, liebe LinzerInnen, habt es in der Hand, denn in der gerade gestarteten BürgerInnenbefragung der Stadt Linz wird auch eure Meinung zur Stadtwache abgefragt. Ich hoffe, dass euch diese Analyse geholfen hat, ein Bild von der Sinnhaftigkeit der Stadtwache zu machen. Mehr Informationen und Argumente zur Stadtwache findet ihr unter http://www.stadtwachelinz.at

LINZimPULS 2012 – Von Revolutionen, dem Scheitern und vielen mehr

Es gibt wenige vergleichbar transparente Fördermodelle wie das LINZimPULS Förderprogramm. Wer bei den monatlichen Treffen des Offenes Forum Freie Szene teilnimmt, konnte dort seinen/ihren eigenen Themenvorschlag einbringen, über die vierzehn Themenvorschläge gab es ein öffentlich einsehbares Voting. Daraus haben sich fünf besonders spannende Themen kristallisiert, über die nächste Woche am Donnerstag, dem 13.10. um 20:00 Uhr in der KAPU eine öffentliche Diskussion stattfinden wird. Fix dabei sind jene fünf, von denen die ursprünglichen Themenvorschläge kamen: Thomas Philipp, Michael ‚Lupo‘ Schweiger, Harald ‚Huckey‘ Renner, Wolfgang ‚Fadi‘ Dorninger und ich, moderieren wird Nicole Honeck. Also kommt hin und mischt euch ein! Im Anschluß an die Diskussion wird über die Kartell-Mailingliste zum Voting aufgerufen werden – wer sich als Freie Szene Mitglied sieht und in die Liste will, kann sich gerne bei mir melden.

FB-Event: http://www.facebook.com/event.php?eid=214816688584787

Folgende Vorschläge stehen zur Disposition:

  • „Zocken, Gamblen, Abziehen“ oder die gemeine Leicht(gläub)igkeit des (Neo-)Liberalismus (Michael ‚Lupo‘ Schweiger)
  • Widerstand (neu) erlernen: LastOftheLongLostLeftOvers (Harald ‚Huckey‘ Renner)
  • Schöner Scheitern (Thomas Philipp)
  • Kein Thema (Wolfgang ‚Fadi‘ Dorninger)
  • Empöret euch? (Thomas Diesenreiter)

Detailtexte zu allen fünf Vorschlägen findet ihr in diesem PDF, egomanerweise kopier ich hier nur meinen Text rein:

Empöret euch?

Ob arabischer Frühling, Occupy Wallstreet oder der Erfolg des gleichnamigen Buches des Franzosen Stephane Hessel: „Empöret euch!“ schallt es von allen Ecken der Welt! In Österreich schüttelt man darüber nur verwundert den Kopf, ist doch das Empören und Wirtshausgranteln seit ehedem ein Grundzug des österreichischen Charakters. Doch wenn die Empörung nur der Entladung des eigenen Frusts dient, also konsequenzenlos bleibt, so werden „die da oben“, um im Wirtshausjargon zu bleiben, weiter fest im Sattel sitzen. Folgerichtig fordert Stefan Haslinger in der aktuellen Ausgabe der KUPF-Zeitung: Empört euch nicht, sondern handelt!

Doch wie kann dieses Handeln aussehen? Was haben wir von den Revolutionen des heurigen Jahres gelernt – und lässt sich das überhaupt auf unser Land übertragen? Sind wir, im Sinne einer breiteren Masse, überhaupt schon revolutionsreif? Und wenn wir es nicht schaffen, zu 100.000en den Wiener Finanzdistrikt oder die Linzer Raiffeisenzentrale zu besetzen, wie kann unser Beitrag zum weltweiten Umbruch aussehen?

LINZimPULS 2012 ruft daher auf, Projekte und Ideen einzureichen, die die kollektive Empörung in konkretes Handeln übersetzen. Ob subversive Messen oder Handlungsanleitungen zum zivilen Ungehorsam, ob Aktionismus oder Haus-Besetzungen, ob Protesttafelmal- oder Hungerstreik-Workshops, es werden radikale, kreative, künstlerische, demokratische Ansätze für die Revolution im Kleinen und Großen gesucht. Raus aus den Denkfabriken, rauf auf die Straße! Raus aus den bequemen Kulturszenen, rein in die Öffentlichkeit!

Kartell-TV, die Zweite: Noten mit Quoten

Kartell-TV: Das ist weder eine Sendung der österreichischen Frächter, noch eine der voestalpine, sondern eine der freien Linzer Kulturszene zu lokal-kulturpolitischen Themen. Nachdem wir aus der ersten, selbstreflexiven Sendung zum Thema „Organisierung des Unorganisierbaren – Die Freie Szene Linz“ viel gelernt haben, geht es in der zweiten Folge um das Thema Frauen in der Musik – „Noten mit Quoten“ eben.

Auf dem Sofa nehmen diesmal unter Moderationsleitung von Dominika Meindl der Linzer Kulturdirektor Julius Stieber, Silvia Jura von der platform for famous female culture, Roswitha Kröll von der Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur fiftitu sowie Jörg Parnreiter vom Ottensheim Openair Festival Platz.

Mehr Infos zum Thema und zu den Fragestellungen gibts beim Facebook-Event: http://www.facebook.com/event.php?eid=230397727006374