Seit September dürfen Wiener Veranstaltungshäuser und Clubs bis 6:00 Uhr Morgens offen halten, bis dahin war um 4:00 Uhr Morgens Schluß. Eine Regelung, die besonders in der elektronischen Musikszene begrüßt wird. Beispielsweise das Wiener Flex hatte unter der frühen Sperrstunde gelitten, die von einer machtbesessenen Wiener ÖVP-Lokalpolitikerin namens Ursula Stenzel benutzt wurde, um gegen die ihr unliebsame Einrichtung zu kämpfen. Typisch Österreich, möchte man sagen, denn BesucherInnen aus Deutschland wundern sich oft über die scharf exekutierten Sperrstunden. Diese wurden in Berlin zur Wahrung des kulturellen Lebens nämlich schon 1945 abgeschafft und sind mittlerweile in den meisten deutschen Bundesländern Geschichte. Auch in Frankreich beginnt die Sperrstunde erst um 7:00 Uhr, selbst das für seine Mitternachtssperrstunde berüchtigte Großbritannien hat seine Gesetze liberalisiert und die Sperrstunde de Fakto abgeschafft.
Wie sieht das also in Linz aus? Die Sperrstunde wird duch die Oberösterreichische Sperrstundenverordnung aus dem Jahr 2002 geregelt. Spätestens um 04:00 Uhr ist für alle Schluß, einzige eine Sonderbewilligung durch den Bürgermeister kann die Sperrstunde aufschieben. Für eine Kulturstadt ein Armutszeugnis, denke ich mir, und stelle an alle Linzer Parteien folgende Fragen:
1) In Wien dürfen Diskotheken, Clubs und Clubbing-Lounges in Zukunft bis 6:00 Uhr offen halten, in Linz nur bis 4:00 Uhr. Ist auch in Linz an eine Anpassung der Sperrstunde gedacht?
2) Wird sich ihre Partei für eine Anpassung der Sperrstunde nach Wiener Vorbild einsetzen?
Hier die Antworten:
Severin Mayr, Grüne Linz:
1) Es handelt sich bei der Sperrstundenregelung um eine Verordnung des Landeshauptmanns in mittelbarer Bundesverwaltung, die wegen des sachlichen Zusammenhanges an ein Mitglied der Landesregierung (in Fall der letzten Novelle 2006 an den Wirtschaftslandesrat) delegiert wurde. Diese Verordnung der mittelbaren Bundesverwaltung kommen nicht in die Landesregierung oder in den Landtag. Die Verordnung gilt dann natürlich auch für Linz und kann für Linz auch nur geändert werden, wenn der Wirtschaftslandesrat eine neue Verordnung erlässt. Das ist mWn aktuell nicht der Fall (vor allem weil die aktuelle Verordnung erst im Jahr 2006 entstanden ist). Ausnahmeregelungen können jedoch in Einzelfällen von der BürgermeisterIn erlassen werden!
2) Wir haben schon 2006 gesagt, dass wir die Verkürzung der Sperrzeiten durch den zuständigen Landesrat für einen Fehler halten. Es war auch schon zuvor so, dass Sperrzeiten durch den Bürgermeister verändert werden konnten, wenn es zu Problemen kam.
Gerlinde Grünn, KPÖ Linz:
Bis dato gingen meinen Recherchen nach sperrstunden Veränderungswünsche in Linz immer von den WirtInnen aus – zumeist ging es um die Öffnungszeiten für Gastgärten und daraus resultierenden Interessenskonflikten Wirt-Gäste-AnrainerInnen.
Veränderungswünsche von seiten von kommerziellen Diskotheken- und Clubbingbetreiberinnen bezüglich der hier geltenden Sperrstundenregelung sind mir nicht bekannt, wirds aber vermutlich geben, denn je länger die Öffnungszeit desto größer der reibach.
Wie es auf seiten der Kulturinitiativen, die ja auch VeranstalterInnen sind, ausschaut muss ich erst in Erfahrung bringen. Eins ist jedenfalls klar, das Partyvolk geht erfahrungsgemäß dann heim, wenn die Musi aus ist, ob es nun 4 oder 6 Uhr Früh ist.
Die Interessen kommerzieller Betreiberinnen nach Ausweitung der Öffnungszeiten sind nicht mein Anliegen, sollte aber von seiten der Kulturinitiativen hier spezifische Interessen bestehen (Ausnahmeregelungen) kann ich mir eine Unterstützung für diese durchaus vorstellen.
Erika Rockenschaub, SPÖ Linz:
Bei uns sind die Sperrstunden durch eine Verordnung des Landeshauptmannes geregelt (und nur der kann sie auch ändern). In Linz kann der Bürgermeister individuelle Änderungen für Einzellokale durchführen (was er auch macht, wenn die Notwendigkeit besteht).
Eine generelle Sperrstunde in Linz um 4:00 gibt es (lt. Aussage der Zuständigen) nicht. Aus diesem Grund ist von uns dzt. keine Änderung geplant, wir haben auch keine Anfragen diesbezüglich.
Susanne Wegscheider, ÖVP Linz:
Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage auf Wien und der geplanten Öffnungszeit für Diskotheken und Clubs bis 6 Uhr. In Oberösterreich gibt es auf Landesebene die OÖ-Sperrstundenverordnung, wonach Kaffees, Bar, Diskotheken, etc. generell das Recht haben bis 4 Uhr geöffnet zu haben. In § 113 Gewerbeordnung wird den Gemeinden das Recht eingeräumt, frühere oder spätere Sperrzeiten individuell zu genehmigen.
Auf Grund meiner Anfrage an das Bezirksverwaltungsamt der Stadt Linz, kann ich Ihnen mitteilen, dass aktuell 23 Gastronomiebetriebe in Linz eine Ausnahmegenehmigung für eine spätere Sperrstunde als 4 Uhr haben!
In diesem Sinne ist Ihr Anliegen um eine spätere Sperrstunde in Linz bereits umgesetzt. Ich halte die bestehende Regelung, wonach Gemeinden abweichend von der generellen landesgesetzlichen Sperrstundenverordnung induviduell auf Grund der lokalen Gegebenheiten frühere oder spätere Sperrstunden festlegen können, für praxisgerecht und sinnvoll.
Nachstehend darf ich Ihnen noch die Bestimmungen des § 113 Gewerbeordnung übermitteln, in denen Gemeinden die Befugnis eingeräumt wird induviduell verlängerte oder verkürzte Öffnungszeiten zu genehmigen.
Zusammengefasst: ÖVP und SPÖ sind mit der derzeitigen Regelung zufrieden und sehen sich nicht veranlasst, eine Änderung anzuregen. Allerdings ist es kritisch zu hinterfragen, nach welchen Kriterien über eine verlängerte Sperrstunde entschieden wird. Ohne allgemein gültige Regeln klingt es stark nach Willkür, wer in Linz länger aufsperren darf. Daher ist es erfreulich, dass die beiden Oppositionsparteien Grüne und KPÖ die aktuelle Sperrstundenregelung kritisch sehen und eine Änderung zumindest diskutieren würden.
Ich persönliche bin jedenfalls für eine generelle Aufhebung der Sperrstunde nach dem Vorbild Englands und Deutschlands. Eine Liberalisierung wird nicht dazu führen, dass um 7:00 Uhr morgens noch grölende Herden betrunkener Menschen durch die Straßen ziehen werden. Ich bin mir natürlich bewusst, dass es durchaus immer wieder Probleme mit nächtlichen Randalen und Betrunkenen gibt. Aber ich glaube nicht, dass man all jene einschränken muss, die verantwortungsbewusst feiern können und tanzen möchten, nur weil ein paar Idioten über die Stränge schlagen. Muss unsere Gesellschaft wirklilch erwachsenen Menschen vorschreiben, wann die Party aus sein muss? So wie meist sind Probleme mit Verboten selten gelöst, sondern werden eher an den Rand unserer Wahrnehmung verschoben.
Wie seht ihr das, liebe Kulturinitiativen, Partygäste, KellnerInnen, DJs und VeranstalterInnen?