Ein paar Gedanken zur Relevanz der Kulturpolitik in Österreich:
Seit Bundespräsident Van der Bellen die designierte Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein vor ein paar Tagen mit der Bildung einer ExpertInnenregierung beauftragt hat, wird wild spekuliert, wer welche Ministerien leiten wird. In den vielen hunderten Artikeln mit Spekulationen, Gerüchten, Halbfakten und Bestätigungen wurde ein Ministerium konsequent vergessen: Das Kunst- und Kulturministerium. Erst heute Abend habe ich erstmals über das Abendjournal von Ö1 gehört, dass der designierte Außen- und Europaminister Alexander Schallenberg auch noch die Agenden vom ehemaligen Kanzleramtsminister Blümel, also Kunst, Kultur und Medien, übernehmen wird.
Soweit ich es recherchieren konnte, hat Alexander Schallenberg keinen Kulturbackground: Weder hat er eine entsprechende Ausbildung, noch war er bisher nach öffentlich einsehbaren Informationen beruflich im Kunst- und Kulturbereich tätig. Das ist schade, weil es wieder einmal zeigt, wie unwichtig es den Regierenden erscheint, in diesem Amt jemanden zu haben, der Fachkompetenz aufweist.
Und das ist leider seit Jahren so: Von den letzten 6 KulturministerInnen seit 1995 hatten ganze 5 keinerlei professionellen Kulturbackground (Gernot Blümel, Josef Ostermayr, Gabriele Heinisch-Hosek, Claudia Schmied, Elisabeth Gehrer). Lediglich der letzte SPÖ Kulturministier, Thomas Drozda war zuvor langjährig als Kulturmanager im Burgtheater tätig. Bei Claudia Schmied könnte man noch diskutieren, sie war auf SPÖ Tickets zumindest mehrere Jahre in Vorständen von Kulturbetrieben vertreten.
Es gibt übrigens auch etwas Positives an der Entscheidung, Kunst und Kultur beim Außenministerium anzusiedeln: Damit sind erstmals seit vielen Jahren alle Kulturagenden unter einem Dach. Denn derzeit waren Kulturbotschaften und die Auslandstourförderung auch schon im Außenministerium geparkt, was nicht immer recht glücklich war.
Was wäre nun mein Verbesserungsvorschlag?
Wenn Österreich sich wirklich als Kulturnation verstehen will, dann muss es auch ein eigenständiges Kunst- und Kulturministerium haben, das von einer fachkompetenten Persönlichkeit geleitet wird. Und logischerweise auch mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet ist, um das gesamte Kunst- und Kulturschaffen Österreichs bestmöglich zu unterstützen. Beides fordern die Kultur-Interessenvertretungen wie die IG Kultur, KUPF OÖ, etc übrigens seit langem, leider vergebens.
Es bleibt also zu fürchten, dass im Kulturbereich wieder einmal wenig weitergeht. Auch, wenn das ExpertInnenkabinett wohl nur etwa ein halbes Jahr im Amt bleibt, so zeigt diese Entscheidung, dass die politische Dimension von Kunst und Kultur in Österreich auch weiterhin drastisch unterschätzt wird. Leidtragende sind vor allem die Kunst- und Kulturschaffenden, aber auch das Publikum: Denn Österreich könnte kulturell ganz wo anders stehen, würde die Kulturszene von den Parteien nicht so im Stich gelassen werden. So wird der kulturpolitische Fokus wohl weiterhin zum Großteil auf den großen Institutionen und den touristischen Schlagern Mozart und Festspiele liegen. Die Diversität des kulturellen Schaffens Österreichs und besonders die zeitgenössische Kunst kommen ohne kompetente deutlich zu kurz.
Österreich sollte sich daher nicht Kulturnation nennen, solange sich das nicht ändert.