Anzeige gegen Detlef Wimmer wegen unlauterer Werbung

Heute hat das Sicherheitsressort der Stadt Linz, angeführt von FPÖ-Rechtsaußen Detlef Wimmer, einen Sicherheitsratgeber 2012 herausgegeben, und lässt ihn an den BürgerInnenservicestellen verteilen. Da steht viel harmloses drin (Brandschutztipps), viel doofes („Das Internet ist grundsätzlich nicht gefährlich!“), viel sexistisches (Frauen sollen in der Nacht nur mit dem Auto heimfahren), ein bisserl was über die Stadtwache („… geben Touristen Auskunft, wie sie auf den Pöstlingberg kommen“… – wow!) und im ganzen ist sie zugepflastert mit Werbung. Da geht natürlich vieles Hand in Hand – es wird Angst geschürt – „Trauen sie keinem Fremden!“ und passend auf der anderen Seite Werbung für Sicherheitsschlösser gemacht.

Aber eine Werbung ist so dreist, dass ich sie zur Anzeige gebracht habe. Auf Seite 28 und 29 ist eine Werbung der Firma EVVA Sicherheitstechnologie GmbH zu sehen, die sowohl grafisch, als auch textlich der restlichen Broschüre bis aufs Haar gleicht. Der einzige eindeutige Hinweis auf Werbung ist rechts oben mit dem kleinen Verweis „PR“ zu sehen, der allerdings gemäß §26 des Mediengesetzes nicht zulässig ist. Laut diesem Paragraphen muss jede Werbung explizit entweder mit den Worten „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder „Werbung“ gekennzeichnet sein. Die Ausschlussklausel ist in diesem Fall nicht anwendbar, da die Broschüre als offizielles Printprodukt der Stadt Linz eindeutig als Informations- und nicht als Werbemaßnahme zu sehen ist.

Seite 28 und 29 - die Werbung

Und als Vergleich eine andere Doppelseite mit redaktionellem Inhalt:

Seite 16 und 17 - Redaktioneller Inhalt

Was meint ihr? Ist das irreführende Werbung, oder nicht?

Für mich schon, daher hab ich gerade folgende Anzeige weggeschickt:

Irgendjemand muss ja für Ordnung und Sauberkeit sorgen, in dieser Stadt.

Nachtrag 16:26 Uhr: Nach einem Hinweis von Severin Mayr bin ich im Brief noch auf den Begriff „periodisches Medium“ eingegangen. Die Definition wird laut § 1 durch die Veröffentlichung auf der FPÖ Linz Homepage erfüllt. Zur Beweismittelsicherung hier noch ein Screenshot:


Hallo OPÖ

Eine Partei ist schnell gegründet, und so gesellt sich zu den 770 im Innenministerium hinterlegten Parteisetzungen (Stand 2005) eine weitere: die der Online Partei Österreichs, kurz OPÖ.

Nach einem ersten Studium der verfügbaren Quellen (Homepage, Interviews, Pressaussendungen) stellen sich mir und meinem Ko-Autor Michael Eibl viele Fragen zu eurer Interpretation direkter Demokratie, von denen wir hiermit einige an euch stellen möchten:

Als Voraussetzung für das Funktionieren Direkter-Demokratie-Ansätze wird im theoretischen Diskurs immer auf die Notwendigkeit eines gleichen Wissens-, und damit z.B. Bildungsniveaus, unter allen Teilnehmenden verwiesen. Seht ihr dieses in Österreich gegeben? Wenn nein – wie wollt ihr dieses erreichen?

Habt ihr euch damit auseinandergesetzt, wie Meinungs-Mehrheiten in unserer Gesellschaft gebildet werden? Stichwort Kronenzeitung, Heute oder ORF. Was macht ihr, wenn sich eine Mehrheit für das Abschieben aller MigrantInnen findet – in einem Land, dass statistisch die höchste AusländerInnenfeindlichkeit Europas aufweist?

Ihr sprecht von der Weisheit der Massen. Wie geht ihr damit um, dass die „Mehrheit“ historisch oft genug falsch gelegen ist? Viele Kriege etwa wurden von Mehrheiten in den Bevölkerungen, zumindest anfangs, begeistert aufgenommen – und das auch in Zeiten des Internets, wie man am Beispiel der Angriffe auf Afghanistan oder den Irak nach 9/11 sieht. Auch der Ausbau von Überwachungs- und Repressionssystemen wird in vielen Staaten von Mehrheiten gestützt.

Ein wichtiger Mechanismus in der bürgerlich-parlamentarischen-Demokratie ist das Suchen nach Konsens oder Kompromissen. Welche Rolle sollen eure Abgeordneten, bis zum Erreichen einer Verfassungsmehrheit um das Wahlrecht zu ändern, im parlamentarischen Diskurs einnehmen, wenn eure Positionen absolut (durch Community-Votings) festgelegt und nicht verhandelbar sind?

Wie gehen eure Abgeordneten damit um, wenn sie sich explizit gegen ihr eigenes Gewissen, gegen ihre Überzeugungen aussprechen müssen? Beispiele gibt es, gerade bei weltanschaulich umstrittenen Themen, zur Genüge, wie beispielsweise bei Gleichberechtigungsfragen, Fragen zu Schwangerschaftsabbrüchen, Tierrechten?

Ihr sprecht von der Beteiligung aller ÖsterreicherInnen. Wen meint ihr damit? Österreichische StaatsbürgerInnen? Menschen, die hier leben? Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt hier haben? Menschen mit österreichischer IP-Adresse?

Ihr seid eine sehr homogene Gruppe (drei junge Männer). Welche Schritte wollt ihr setzen, um die Diversität der österreichischen Bevölkerung in eurer Partei abzubilden und z.B. eine adäquate Frauenquote zu erreichen?

Was ist die Motivation dahinter, nicht alle Spenden im Sinne größtmöglicher Transparenz offen zu legen? Wie geht ihr mit Spenden über 10.000 € um, die nach dem Parteigesetz offengelegt werden müssen? Wie soll ein zufällig ausgewähltes Communitymitglied den Missbrauch von Geldern verhindern können? Wollt ihr wirklich, im Kontext der aktuellen Debatten um Korruption und intransparenter Parteienfinanzierung, damit werben, dass ihr „Anfüttern“ begrüßt?

Warum sollten wir eine Partei wählen, die zwar potentiell alle unsere Interessen vertreten könnte, genauso gut aber auch keine oder sogar entgegengesetzte?

Fazit
Jede Initiative für ein demokratischeres Gesellschaftssystem ist zu begrüßen, bei der OPÖ sind derzeit aber noch zu viele Fragen offen, Standpunkte ungeklärt, schwammig oder schlicht nicht vorhanden. Und generell drängt sich die Frage auf: Ist es erfolgversprechend, das System „von innen aufbrechen“ zu wollen?

PS: Wir haben diesen Text basisdemokratisch verfasst, es hat länger gedauert als gedacht, und ganz zufrieden sind wir mit dem Ergebnis auch nicht.

PPS: 50% von uns finden, dem PS fehlt noch eine Schlusspointe.

Mama, der Mann mit der Zensur ist da

Der folgende Artikel ist in der Märzausgabe der KUPF-Zeitung erschienen:

Wie politisch Kunst sein darf, sein muss oder es doch nicht sein sollte, ist seit ehedem ein beliebtes Streitthema unter KünstlerInnen und Kulturschaffenden. Ob Kunst mit politischem Anspruch oder Politik mit den dem Mitteln der Kunst, die Grenze zu ziehen fällt oft schwer, ist meist aber auch müßig. Der israelische Künstler Ronen Eidelman meinte dazu vor kurzem: “Zieht man als Künstler eine deutliche Grenze, sichert man sich durch die Autonomie der Kunst ab, geht aber das Risiko ein, ihr die Effektivität zu nehmen. (…) Wer auf dem Autonomiestatus der Kunst beharrt, macht ihre Rezeption und Bewertung vorhersehbar.”

Dass die Rezeption von Kunst mit politischem Anspruch daher oft anders ausfällt, als man erwartet, zeigt der jüngste Zensurvorfall in Tirol. Dort existiert unter Leitung der KUPF-Schwesterorganisation TKI – Tiroler Kulturinitiativen – ein dem oberösterreichischen Innovationstopf ähnliches Fördermodell namens TKI Open. 2011 rief die TKI unter dem Motto „kein thema“ auf, Projekte zu realisieren, die in der öffentlichen Wahrnehmung kein Thema waren, aber eines werden sollten. Eine von der TKI eingesetzte, politisch unabhängige Jury entschied sich für die Förderung von sieben Projekten. Doch zwei dieser Projekte schienen der ÖVP Kulturlandesrätin nicht ins politische Konzept zu passen. Die Förderung von Oliver Resslers „Wahlen sind Betrug“ und Tal Adlers „Alpenländische Studien“ wurde abgelehnt.

In offiziellen Stellungnahmen wurde mit formalen Gründen für die Ablehnung argumentiert, in persönlichen Gesprächen auch mit inhaltlichen. Und zwar durchaus dreist: „Die Arbeit kann nicht gefördert werden, da der Text auf dem Plakat falsch ist.“ hieß es zu Resslers Arbeit. Er wollte den 68er Slogan „Wahlen sind Betrug“ über einem Alpenpanorama großflächig in der Innsbrucker Innenstadt plakatieren. Tal Adlers Projekt sollte sich dem Umgang der TirolerInnen mit der NS-Vergangenheit widmen, auch dieses wurde mit windigen Argumenten zuerst abgelehnt. Nach einer ersten, breiten Protestwelle signalisierte das Land bei Tal Adlers Projekt Verhandlungsbereitschaft, eine schriftliche Förderzusage gibt es aber bis heute nicht. Zu Resslers Projekt möchte man sich lieber gar nicht mehr äußern.

Was bleibt nun nach diesem zweiten großen Zensurvorfall in der österreichischen Kulturlandschaft innerhalb von zwei Jahren? Werden die Vorfälle Innovationstopf 2010 und TKI Open 2011 weiter Schule zu machen? Warum hat der zivilgesellschaftliche Protest in beiden Fällen nicht gereicht, um die Entscheidungen rückgängig zu machen? Die Tiroler Kulturrätin verkündete, dass nicht alles, „was Kunst zu sein beansprucht, auch gefördert werden kann. Die Entscheidung darüber ist gerade aus demokratiepolitischen Gründen der Politik vorenthalten, auch wenn Expertinnen und Experten anderer Meinung sind.“ Ist die demokratische Kulturförderung damit am Ende, wenn die Freiheit der „unabhängigen“ Jurys dort endet, wo die politischen ReferentInnen die Linie ziehen?

Nein, natürlich nicht. Fördersysteme wie TKI Open, LINZimPULS oder KUPF Innovationstopf werden zurecht auch international als innovative Erfolgsmodelle gesehen. Allerdings hat die Kulturszene in der Vergangenheit zu sehr auf die Handschlagqualität der Politik vertraut. Die genannten Beispiele sind im unterschiedlichen Maße vertraglich geregelt, alle drei sehen lediglich ein Vorschlagsrecht der Jury an die politischen ReferentInnen vor. Um politische Einflussnahme in Zukunft zu verhindern braucht es meiner Meinung nach klare und strikte Regeln. Die drei wichtigsten werden lauten:

  1. Die Auswahl des Themas geschieht ausschließlich durch die Trägerorganisation.
  2. Die Auswahl der Jury bleibt der Trägerorganisation überlassen, die Gebietskörperschaft hat lediglich einen Beobachtungsstatus.
  3. Die Auswahl der Projekte bleibt der Jury überlassen und ist rechtlich bindend.

Darüber hinaus ist natürlich für eine möglichst transparente und demokratische Abwicklung zu sorgen, durch offene Jurysitzungen oder auch offenen Themen- und Jurywahlen wie es beim Linzer Impulstopf seit Jahren erfolgreich praktiziert wird. Nur wenn es gelingt, diese Eckpunkte vertraglich zu vereinbaren, kann in Zukunft Zensur und Einflussnahme ausgeschlossen zu werden.

Und eines ist klar: Die Zukunft der Demokratie wird mehr und mehr solche und ähnliche Fördermodelle hervorbringen. Unter dem Begriff BürgerInnenhaushalte lassen alleine in Deutschland schon mehr als 100 Kommunen ihre BürgerInnen über Teile der Mittelvergabe direkt mitbestimmen. Damit das in auch Österreich funktioniert, müssen aber wohl einige PolitikerInnen noch eine paar Stunden Demokratieunterricht nachholen.

Mein Feminismus ist der bessere. Über Sexismusvorwürfe an die KAPU

Weder die KAPU noch die Stadtwerkstatt sind nach unseren Kooperationsanfragen bereit, eine Frauen*Party mit uns zu veranstalten.

So steht’s zumindest in der aktuellen Ausgabe der Malmoe geschrieben, verfasst von drei Fiftitu Aktivistinnen. Kennt man die Szene und die handelnden Personen, so sorgt das erstens für Interesse am näheren Sachverhalt und zweitens für ein Stirnrunzeln. Kann es in der Linzer KAPU und der Stadtwerkstatt, zwei allgemein der Linken zugeordneten Räumen, überhaupt Sexismus geben?

Nona. Würden die beiden etwas anderes behaupten, wäre das wohl der Beweis für eine unreflektierte Auseinandersetzung mit dem Thema. Aber: Das tun beide nicht. Kann im Umkehrschluss das Nichtzustandekommen einer Kooperation aber als Beweis für das komplette(!) Fehlen eines  „feministische“ Verständnisses von KAPU und Stadtwerkstatt gewertet werden? Natürlich auch nicht.

Was mich in der Argumentation von Fiftitu aber am meisten stutzig macht, ist deren Erstaunen über einen Nebensatz in einer E-Mail Konversation mit der KAPU:

„Besonders die Frauen in der Betriebsgruppe wären gegen eine FrauenParty gewesen. Hä? Ganz abgesehen davon, dass es uns schwer fällt, zu verstehen, warum sich linkspolitische Frauen überhaupt gegen Frauenräume aussprechen, geht dieses vermeintliche Argument für die Partyabsage am Thema vorbei.“

Da schwingt mit: Unser Feminismus ist der einzig richtige, eine andere Form kann es nicht geben. Und es klingt so, als hätten sich beide (!) Seiten zu wenig mit den Positionen des Anderen und vor allem der Organisationsstruktur des Gegenübers beschäftigt. Denn dass die KAPU eine schwer basisdemokratisch-organisierte Struktur hat, weiß jede/r, der/die schon mal bei einer Betriebsgruppensitzung war, die jeden Mittwoch um 19:00 Uhr für alle Interessierte offen stehen. Da reicht es halt vielleicht nicht, ein E-Mail zu schreiben und damit zu rechnen, dass sofort der Samtteppich ausgerollt wird, da muss man schon auch Überzeugungsarbeit für sein Ansinnen leisten. Wenn die Frauen der KAPU Betriebsgruppe angeblich gegen „Frauenräume“ sind, wäre es ratsam zuerst bei diesen nachzufragen, warum sie es denn sind, anstatt ihnen prompt medial zu unterstellen, dass sie sich widerstandslos in radikalsexistische Strukturen einfügen. Eine Frauenparty impliziert auch, dass sie organisatorisch von den KAPU-Frauen betreut und umgesetzt werden müsste, und das im Übrigen großteils ehrenamtlich. Dass da vielleicht keine allzu große Begeisterung aufkommt, sich auf Zuruf von Außen unreflektiert für ein Ansinnen einzusetzen, ist verständlich. Und zeugt leider auch von einer etwas absolutistischen Sichtweise der Ruferinnen, die ich so von ihnen eigentlich gar nicht kenne.

Sich anklagend medial zu äußern, ist natürlich legitim. Der Grad der Empörung und ihrer Argumentation lässt aber auf einen Herrschaftsanspruch innerhalb des feministischen Diskurses schließen, den ich für fatal halte. Es gibt aber nun einmal nicht DIE Feministische Theorie und DIE daraus abgeleitete Praxis. Es gibt eine Vielzahl von Positionen und Meinungen, es gibt nicht nur Alice Schwarzer, sondern auch Charlotte Roche. Und es gibt beileibe spannendere Punkte, an denen feministische Kritik in linken Räumen wie der KAPU oder der Stadtwerkstatt ansetzen könnte: Frauenquoten auf der Bühne, Arbeitsaufteilung, Organisationsmodelle, versteckte Hierachien, etc. Aber zu unterstellen, dass es in diesen beiden Räumen gar kein Verständnis für feministische Anliegen gibt, ist nicht haltbar, wie zahlreiche Projekte der beiden Häuser – auch gemeinsame mit Fiftitu – zeigen. Und es schadet auch dem berechtigten Anliegen, den Sexismus im Alltag der linken Strukturen zu thematisieren. Es macht auch die Arbeit der Menschen nicht einfacher, die sich innerhalb der KAPU und der Stadtwerkstatt mit genau diesem Thema beschäftigen. Denn die gibt es, auch wenn der Artikel von Fiftitu anderes vermuten lässt.

Niemand bestreitet, dass es Sexismus in linken Strukturen gibt. Niemand bestreitet, dass es eine Auseinandersetzung damit braucht. Aber über die Art und Weise, wie diese Auseinandersetzung geschieht, über die lässt sich vortrefflich streiten, wie man sieht.

An verschiedenen Fronten wird derzeit über Sexismus in (österreichischen) linken Räumen diskutiert, einen guten Überblick über den Stand der Debatte gibt dieser Indymedia Beitrag wieder.

Kartell-TV: Clubwüste Linz?

So aber hat jede Stadt die Clubs, die sie verdient. Beziehungsweise (hallo Linz!? hallo Salzburg?!) gar keinen Club in den Top10 des FM4 Exit Poll.

– FM4 Exit Poll 2011

Hat Linz eigentlich einen Club? Und was macht einen guten Club aus? Warum sind Linz und Clubkultur so ein schwieriges Thema? Was gibt es, was bräuchte man und was ist machbar?

Über diese Fragen wird seit einer gefühlten Ewigkeit in der Linzer Musikszene diskutiert. Oft heißt es, dass das Publikum in Linz fehlt. Manche meinen, es braucht nur ein paar mutige KulturmacherInnen. Andere orten das Problem bei der fehlenden politischen Unterstützung. Die Diskussion wird ausgehend vom Status Quo und bezugnehmend auf die Geschichte der Stadt sich darum drehen, wohin sich die Clubszene entwickeln könnte und sollte.

Die eingeladenen Gäste sind allesamt erfahrene Veranstalterinnen und Veranstalter und kennen die lokale Musikszene: Felix Vierlinger, alias Fino, arbeitet als Veranstalter in der Stadtwerkstatt und ist dort unter anderem für die Clubreihe „Future Sounds zuständig“. Gernot Kremser hat vor rund einem Jahr die künstlerische Leitung des Linzer Posthofs übernommen und dort durchaus für frischen Wind gesorgt. Die gebürtige Mühlviertlerin Julia Pfeifer hat den Susi Klub ins Leben gerufen, eine der legendärsten Clubreihen in Wien, der manchmal auch in Linz gastiert. Lena Leblhuber kennt die Linzer Musikszene nicht nur durch ihre Arbeit im mittlerweile aufgelassenen Plattenladen Con.trust, sondern hat sich ebenso als Veranstalterin und DJ einen Namen gemacht. Und schließlich wird noch Markus „Aka Tell“ Reindl an der Diskussion teilnehmen, der seit vier Jahren für das Booking des Solaris zuständig ist und vor kurzem die Clubreihe Come with me im Posthof startete.

Ich darf die Moderation übernehmen, und freu mich jetzt schon auf die spannende Diskussion!

Ausstrahlung: Mittwoch, 29.02.12 um 20:00 Uhr auf Dorf TV

Was bedeutet das Sparpaket für die Kultur?

Letzte Woche ließen erste Berichte über Kürzungen und radikalen Änderungen im Fördersystem schlimmes für die frei Kulturszene befürchten. Mich hat’s sogar so weit in Alarmbereitschaft gesetzt, dass ich einen offenen Brief an Kulturministerin Schmied geschickt habe, auf den übrigens leider bis jetzt noch keine Antwort kam.

Heute wurden erstmals offizielle Pläne der SPÖ-ÖVP Regierung präsentiert. Wie wirkt sich das neue Sparpaket im Kulturbereich aber jetzt konkret aus? So ganz genau lässt sich das leider noch immer nicht sagen, aber sehen wir uns mal die Details an, die übrigens auf 23 Din A4-Seiten Platz haben:

Ermessensausgaben

Über eine Reihe von Ressorts werden 5 % der Ermessensausgaben gebunden (Ausnahmen sind die Bereiche, Wissenschaft, Forschung, , Inneres, Sport, Verkehr, Innovation, Familie und Jugend). Dies ergibt eine Einsparung von 170 Mio. Euro pro Jahr über alle Ministerien gerechnet, insgesamt also 850 Mio. Euro. Welche Ausgaben tatsächlich zurückbehalten werden sollen, liegt in der Entscheidung des jeweiligen Ressorts.

Da anfangs 5-15% kolportiert wurden, sind die 5% am unteren Ende angesiedelt. Dass es Ausnahmen für Resorts wie Wissenschaft, Forschung und Innovation gibt, scheint vernünftig. Schade allerdings, dass es Kulturministerin Schmied wohl nicht geschafft hat, das Kulturressort in die Ausnahmeliste zu boxen – sollte sie es überhaupt probiert haben.

170 Millionen Euro sollen über die Ermessensausgaben also in allen Ressorts gespart werden, immerhin zehn Prozent oder 17 Millionen Euro davon kommen aus dem Kultur- und Unterrichtsministerium. Allerdings wird laut einem Standard-Bericht im Ministerium betont, sollen die Ausgaben für Kunst- und Kultureinrichtungen stabil bleiben und das Geld dort weiter im vollen Umfang ankommen. Man wolle die Einsparungen nicht bei Förderungen tätigen, sondern in der eigenen Verwaltung, wie es gegenüber der APA aus dem Ministerium hieß.

Schenken wir dieser Aussage Glauben, bleibt die Frage, wo das Ministerium im Verwaltungsbereich 17 Millionen Euro im Verwaltungsbereich einsparen will. Das sind immerhin knapp 250 Planposten bei geschätzen Kosten von 70.000 Euro pro Person. Kaum vorstellbar, dass das Ministerium auf einen Schlag so viele Beamte feuert. Wo kann sonst gespart werden? Sollen die Fachjurys reduziert werden? Werden Kunstankäufe reduziert? Sollen Beratungstätigkeiten eingestellt werden? Oder stellen sie einfach die Heizung ein Grad runter und aktivieren den Stromsparmodus beim Computer? Fragen über Fragen, die wohl erst in den nächsten Wochen beantwortet werden.

Interessantes Detail am Rande: Dass am Sparpaket bis zur letzten Minute gebastelt wurde, merkt man an vielen Stellen und Fehlern im Text. Bei den Ermessensausgaben lassen die beiden Beistrichfehler darauf schließen, dass da wohl noch zwei Ressorts kurz vor Redaktionsschluß herausgestrichen wurden. Aber das werden wohl erst in ein paar Jahren aus Faymanns Memoiren erfahren.

Änderungen im Subventionswesen

Effizientes Förderwesen – koordiniertes Förderwesen
Für die kommende Finanzperiode kann es aufgrund von laufenden Förderprogrammen noch zu keinen relevanten Einsparungen kommen. Für die folgenden Finanzperioden wird das Förderwesen auf neue, stabile und effiziente Beine gestellt.
Ziele: Künftige Vermeidung unerwünschter Doppelförderungen, mehr Transparenz im Umgang mit Fördergeldern und zielführender Einsatz von Fördergeldern. Dafür wurden Mindeststandards entwickelt, die einen effizienten Einsatz der Fördermittel gewährleisten und von allen Gebietskörperschaften in Zukunft eingehalten werden. Das sichert Qualität, Transparenz und Kontrolle. Bund, Länder und Gemeinden werden sich auf mehrjährige Förderungsschwerpunkte festlegen, wobei inhaltliche Überschneidungen zu verhindern sind.

  • Bund, Länder und Gemeinden entwickeln abgestimmte mehrjährige Förderschwerpunkte und Förderungsstrategien mit definierten Zielsetzungen unter Vermeidung von Doppelförderungen
  • Einführung von One-Stop-Shops zur einheitlichen Abwicklung von Förderungen pro Fördersparte
  • Einführung von Mindeststandards und Kenngrößen für alle Förderungen.
  • Verpflichtung zur Einhaltung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Fördereffekt und dem damit zusammenhängenden Verwaltungsaufwand.
  • Einführung von Indikatoren zur besseren Evaluierung

Mindeststandards
Wow, verpflichtende Mindeststandards für die Subventionsvergabe, das würde im Kulturbereich ein wahres Novum, denn jede/r Kulturschaffende kennt die unglaublich heterogene Förderlandschaft dieses Landes. Nur: Wie diese Mindeststandards aussehen, ist noch nicht bekannt, ich hoffe mal, dass die Interessensvertretungen wie die IG Kultur in die Ausarbeitung eingebunden wurden oder werden. Da die Bundesregierung davon ausgeht, dass dieser Reforumpunkt erst 2015 schlagend wird, kann also durchaus noch Zeit sein, hier kulturpolitisch einzuwirken. Best Case: Die Einführung von Gehaltsstandards für freie KulturarbeiterInnen und KünstlerInnen, wie sie die IG Kultur jüngst in ihrer Fair Pay Kampagne forderte.

Kenngrößen
Auch hier wieder zu wenig Details, um eine genaue Beurteilung abzugeben. Worst Case: Quantiative Beurteilung von Fördereinreichungen, zum Beispiel nach erwarteten BesucherInnen-Zahlen.

Überschneidungen vermeiden
Wie inhaltliche Überschneidungen zu vermeiden sein sollen, ist mir im Kulturbereich ein Rätsel. Wenn das Land OÖ einen Schwerpunkt auf Theater legt, darf dann die Stadt Linz diesen nicht mehr verfolgen? Das scheint nicht praktikabel, und wird hoffenltich im Kulturbereich so nicht umgesetzt.

One-Stop-Shops
Der mysteriöseste Punkt. Wo werden diese Shops angesiedelt – Stadt, Land, Bund? Bekomme ich von dieser Stelle dann den kompletten Förderbetrag? Verkaufen die auch Fingerfood?

Verhältnis Fördereffekt Verwaltungsaufwand
Das klingt in der Ankündigung schon so schwammig, das kann in der Umsetzung nicht besser werden. Wie soll das im Kunst- und Kulturbereich beurteilt werden? Was ist der Fördereffekt bei der Subvention einer künstlerischen Aktion im öffentlich Raum? Ich fürchte eher, dass das Tür und Tor für die missbräuchliche Auslegung durch überforderte oder politisch-andersdenkende Kulturbeamte und KulturpolitikerInnen öffnet.

Indikatoren
Auch hier haben wir wieder das Problem, dass die Bewertung von Kunst und Kultur meist eher eine subjektive denn eine objektive ist.

Fazit

Auch wenn es nicht so drastisch kommt, wie befürchtet, so bleiben doch viele Fragen bei diesem Sparpaket offen. Daher würde mich eure Meinung interessieren – liege ich mit meinen Einschätzungen richtig oder sehe ich etwas komplett verkehrt?

Künstler fördern, Millionäre fressen!

Nach meinem gestrigen Artikel zu den anscheinend geplanten Kürzungen im freien Kunst- und Kulturbetrieb habe ich auch einen offenen Brief (okay, eine offene E-Mail) an SPÖ-Kulturministerin Claudia Schmied verfasst:

Sehr geehrte Frau Ministerin Schmied,

in den letzten Tagen wurden zahlreiche Details des kommenden Sparpakets publik. Manche der Vorschläge finde ich nachvollziehbar, doch eines ist offensichtlich: Die breite Bevölkerung und die sozial Schwächsten müssen die Kosten bezahlen, die nicht durch den Sozialstaat, sondern durch die höchst ungleiche Vermögensverteilung in Österreich entstehen.

Als Künstler und Kulturarbeiter bin ich besonders über zwei kolportiere Vorschläge entsetzt:

1. Die Kürzung der Ermessensausgaben in Höhe von 5-15%
Wie Sie sicher wissen, ist ein Großteil der Kulturförderung der unabhängigen Kunst- und Kulturszene Österreichs in den Ermessensausgaben angesiedelt. Nicht nur Basissubventionen, besonders auch Projektförderungen, Sonderfördertöpfe wären betroffen. Werden diese Budgetposten um 5-15% gekürzt, wird diese Kürzung direkt auf die Einkommen der österreichischen KünstlerInnen durchschlagen.

2. Die Umstellung der Förderaufteilung zwischen den Gebietskörperschaften
In Österreich ist es Usus, dass Kulturvereine Subventionen von Stadt, Land und Bund beziehen. Auch wenn diese Förderpraxis einiges an Mehrarbeit bedeutet, hat sie allerdings den Vorteil, dass die KIs nicht vom Wohlwollen einer einzigen Förderstelle und den dort herrschenden politischen Machtverhältnissen abhängig sind. Ebenfalls wird die Umstellung auf eine Förderpyramide, bei der der Bund erst ab einem gewissen Gesamtbetrag fördert, besonders die vielen kleinen Kunst- und Kulturvereine treffen. Wenn sich FörderwerberInnen nur noch an eine Förderstelle wenden können, sind sie dieser auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Das wird besonders in ländlichen Gegenden und bei politisch engagierten Gruppierungen schnell zu Problemen führen. Denn auch im 21. Jahrhundert ist die Zensur noch nicht verschwunden, wie jüngst die Ereignisse rund um den TKI Open und den KUPF Innovationstopf beweisen.

Stimmen diese Gerüchte, dann plant ihre Regierung den größten Kahlschlag der unabhängigen Kunst- und Kulturszene der letzten Jahrzehnte.
Dies wäre ein Schlag ins Gesicht all jener, welche ihre kulturelle Arbeit als Arbeit an der Gesellschaft verstehen.
Dies wäre ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich tagtäglich zu Hungerlöhnen im österreichischen Kulturbetrieb verausgaben.
Dies wäre ein Schlag ins Gesicht all jener, die noch Hoffnung in den kulturpolitischen Gestaltungswillen der Sozialdemokratie haben.

In Österreich leben 73.900 Millionäre und 20.000 KünstlerInnen. Dass die Schnittmenge zwischen diesen beiden Gruppen eine minimale ist, wissen wir nicht erst seit der Studie über die soziale Lage der KünstlerInnen, die von ihrem eigenen Ressort in Auftrag gegeben wurde. 37% der KünstlerInnen leben unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze, gegenüber 13% der Gesamtbevölkerung. Es ist mir unverständlich, dass ausgerechnet die sozialdemokratische Partei weitere Kürzungen in dieser Bevölkerungsgruppe befürwortet.

Ich erwarte mir von Ihnen und von ihrer Partei, dass sie dafür kämpfen, die Zahl der Millionäre zu reduzieren.
Ich erwarte mir von Ihnen und von ihrer Partei, dass sie dafür kämpfen, die prekäre Lage der österreichischen KünstlerInnen und Kulturschaffenden zu verbessern.

2009 haben Sie angesichts der erschütternden Ergebnisse der oben erwähnten Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen gesagt: „Wir müssen handeln und ich als Kunst- und Kulturministerin bin dazu bereit.“  Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Versprechen der Sonntagsreden eingelöst werden müssen. Setzen Sie sich für die Anliegen jener Menschen ein, welche die kulturelle Vielfalt dieses Landes tagtäglich gestalten.

Mit den besten Grüßen,
Thomas Diesenreiter