Schwerpunkte, Budget und Quote

Dieses Interview ist erstmals in der KUPFzeitung #179/2021 erschienen.

OÖVP-Kultursprecherin Elisabeth Manhal im Gespräch mit Thomas Diesenreiter.

Thomas Diesenreiter: Seit November 2020 hat Oberösterreich ein neues Kulturleitbild. Dieses berührt auf knapp 20 Seiten viele Themen nur sehr allgemein. Wo will die ÖVP nach der Wahl Prioritäten setzen?

Elisabeth Manhal: Es ist schwer, ein Thema herauszupicken. Zentral wird die Vernetzung sein: Wir haben viele Kulturinitiativen, Kultureinrichtungen, Kulturtätige in allen Teilen des Landes. Das ist, was das Kulturland Oberösterreich so stark macht. Diese in einen Austausch zu bringen, um mehr für alle Beteiligten zu erreichen, ist ein zentraler Ansatz, den wir weiter verfolgen werden.

Im Kulturleitbild ist oft von der Internationalisierung der Kulturszene die Rede. Wie wollen Sie diese erreichen?

Internationalisierung ist eine große Chance für die Kultur, ein höheres Maß an Bekanntheit zu erreichen. Ich glaube, dass die Digitalisierung in diesem Zusammenhang eine sehr große Rolle spielen wird. Wir haben in der Pandemie erlebt, dass die Kultur in diesem Bereich schnell tätig geworden ist.

Internationalisierung und Digitalisierung kosten viel Geld. Teilen Sie die Ansicht, dass im Kulturleitbild zwar hohe Ansprüche formuliert werden, es aber mit der Bereitschaft, darin zu investieren, noch hapert?

Das würde ich so nicht teilen. Ein Leitbild muss hohe Ziele beinhalten, nur dann kann man etwas erreichen. Wie der Weg dorthin aussieht, müssen wir in den nächsten Jahren gemeinsam erarbeiten. Ja, das wird auch Geld kosten und man wird abwägen müssen, wo man wie viel einsetzt.

95 % des Kulturbudgets geht nicht an private Vereine, sondern in die landeseigenen Einrichtungen. Das überrascht gerade bei der ÖVP, die ja sagt, es sei Aufgabe der Privaten, zu wirtschaften. Warum ist das im Kulturbereich anders?

Die Institutionen spielen in unserem Land eine wichtige Rolle – dasselbe gilt für das Ehrenamt und die Freie Szene. Es bringt die Kultur nicht weiter, wenn man diese Bereiche gegeneinander ausspielt, weil sie sich auch nicht trennen lassen. Ich nenne beispielsweise die Musikschulen, eine Bildungseinrichtung des Landes, in denen aber auch viele Menschen, die sich in der Freien Szene bewegen, ihr Wissen weitergeben können. Da sieht man, wie vernetzt und verschränkt alles ist. Wir müssen versuchen, Kultur im Sinne eines Miteinanders zu leben.

Aber wird nicht seitens der Politik gegeneinander ausgespielt, wenn man den einen sehr viel Geld gibt und den anderen sehr wenig?

Das sehe ich nicht so. Die Personalkosten machen bei den Institutionen einen hohen Anteil aus und die steigen einfach jährlich.

Auch in den Kulturvereinen gibt es Angestellte. Wäre es nicht Zeit, auch hier die Budgets anzupassen?

Die Kulturbudgets werden regelmäßig angeschaut. Aber nicht nur die Kultur will mehr Geld, auch der Sport, der Sozialbereich, der Gesundheitsbereich, der Verkehr. Die politische Entscheidung ist, wie man das Geld bestmöglich einsetzt. Ich glaube, die Gespräche, insbesondere mit der KUPF OÖ, laufen hier sehr produktiv. Man hat in der Pandemie gemeinsam die verschiedensten Instrumente ausgearbeitet und es gibt einen partnerschaftlichen Ansatz, in dem die Kulturdirektion nicht die Gegnerin ist und die Kulturtätigen nicht die Bittsteller*innen sind. 

Das Projekt „Die Quote“ des Vereins FIFTITU% hat festgestellt, dass Frauen in Führungspositionen der Landeskultureinrichtungen klar unterrepräsentiert sind. Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Bei mir als Frau laufen Sie offene Türen ein. Natürlich müssen wir schauen, dass Frauen in Führungspositionen kommen. Das passiert aber aus meiner Sicht nicht über die Quote, sondern indem man Frauen animiert, auch den Mut zu haben, indem man Frauen begleitet, fördert, unterstützt. Mit der Landeskulturdirektorin haben wir eine steile Vorlage.

NPO Fonds: Wer bisher wie viel Geld erhalten hat

Dieser Text ist erstmals in der KUPFzeitung #179/2021 erschienen.

Der NPO Fonds wurde im Mai 2020 von der Bundesregierung ins Leben gerufen, um die finanziellen Auswirkungen der Coronapandemie auf den Sektor der nicht-gewinnorientierten Betriebe zu reduzieren. Diese umfassen in der Definition des Fonds alle gemeinnützigen und mildtätigen Einrichtungen, konkret also beispielsweise Kulturvereine, Sozialbetriebe, nicht-staatliche Bildungseinrichtungen, die Kirche oder die Feuerwehren.

Anfangs mit 700 Mio € dotiert, wurde er nach dem zweiten Lockdown im November 2020 wie andere Hilfsinstrumente auf 1 Milliarde € aufgestockt. Die KUPF OÖ hat sich die Zahlen besorgt, welcher Sektor und welches Bundesland bisher wie viel Geld aus dem Fonds abrufen konnte. Der erste im Juni veröffentlichte Beitrag umfasste dabei alle Anträge bis 31.5.21, nun haben wir den Beitrag mit Zahlen bis zum 31.7.21 aktualisiert.

Eckdaten

Die uns vorliegenden Zahlen umfassen alle drei Phasen des NPO Fonds, also Hilfszahlungen beider Antragsphasen 2020 (Q2+Q3 sowie Q4) und ersten Anträgen für das erste Halbjahr 2021.

Die wichtigsten Eckdaten im Überblick:

Bisher zugesagtes Fördervolumen512 Mio €
Bisher ausbezahltes Fördervolumen475 Mio €
Anzahl der bisherigen zugesagten Anträge33.853
Anzahl der bisherigen AntragstellerInnen22.024
Durchschnittliche Zusage pro AntragstellerIn€ 23.229

Die Zahlen geben den Stand mit Stichtag 31.7.2021 wieder. Wichtig ist, dass zwar ein Großteil, aber noch nicht alle bisher eingereichten Förderanträge abgearbeitet sind, auch ist derzeit auch noch die Antragsmöglichkeit für die Phase 3 für das erste Halbjahr 2021 gegeben.

Wie wir sehen, wurden bisher also 51% des Gesamtvolumens des NPO Fonds abgerufen. Zu Bedenken ist, dass im vergangen Jahr der Kulturbereich etwa 4 Monate von einem totalen Lockdown sowie 4 Monate von anfangs starken bis später schwächeren Einschränkungen betroffen war. Im heurigen Jahr umfasste der totale Lockdown 4,5 Monate sowie 1,5 Monate mit schwächeren Einschränkungen. Angesichts der steigenden Inzidenzzahlen fordert die KUPF OÖ, den NPO Fonds auch für das zweite Halbjahr 2021 zu verlängern. Eine weitere Budgetmittel des NPO Fonds durch die Bundesregierung könnte also nötig sein.

Welcher Sektor hat wie viel bekommen?

Wie oben erwähnt hat der NPO Fonds eine breite Zielgruppe, die auch durchaus heterogen ist. Während der Lockdown für einen Kulturverein einen totalen Verlust der normalerweise erwirtschafteten Eigeneinnahmen darstellte, war der Einnahmenverlust beispielsweise für einen kleinen Sportverein deutlich niedriger. Und während es wohl mehr Kulturorganisationen gibt als Sozialbetriebe sind zweitere in der Regel deutlich größer. Gleichzeitig haben Eigenheiten des NPO Fonds auch zur Folge, dass durch die Förderung bestimmter Kostenarten manche Vereine eine höhere Förderung bekommen konnten als andere.

All das spiegelt sich in den teils starken Abweichungen sowohl der Ausschüttungssummen als auch der durchschnittlichen Förderungen, wie folgende Grafik zeigt:

Die vorher angesprochenen Unterschiede zeigen sich hier deutlich. Während beispielsweise sowohl der Sportsektor als auch der Bereich „Gesundheit, Pflege, Soziales“ in Summe etwa 98 Mio € zugesagt bekommen haben, unterscheidet sich die durchschnittliche Zusage um den Faktor 1:4,5.

In der folgenden Tabelle stellen die Zahl der bereits zugesagten Anträge mit ihren relativen Anteilen dar:

SektorAnträgeProzent der AnträgeAnteil des FördervolumensPerformance
Feuerwehren4.43513,10 %5 %-65 %
Kunst und Kultur6.22018,37 %14 %-25 %
Religion und kirchliche Zwecke4.56313,48 %14 %+7 %
Sport10.43230,82 %20 %-34 %
Weiterbildung, Wissenschaft, Bildung1.5634,62 %15 %+217 %
Gesundheit, Pflege, Soziales1.9285,70 %19 %+238 %
Sonstiges4.71213,92 %13 %-6 %
Gesamt33.853100%100%

Achtung: Da der Fonds drei Antragsphasen hat, ist diese Zahl der Anträge nicht gleichbedeutend mit der Anzahl der unterstützten Organisationen, da viele eben auch mehrere Anträge stellen konnten/mussten. Eine Aufschlüsselung der Zahl der AntragsstellerInnen pro Sektor liegt uns aktuell leider nicht vor.

Aus dem Kunst- und Kulturbereich stammen österreichweit also 6.220 Anträge. Während das 18% aller Anträge darstellt, gingen nur 14% der zugesagten Mittel in diesen Sektor. Am anderen Ende liegen die Bereiche „Weiterbildung, Wissenschaft und Bildung“ (4,6% der Anträge, 15% der Mittel) und der Bereich „Gesundheit, Pflege und Soziales“ (5,7% der Anträge, 19% der Mittel). Dies relative over- und underperforming ist damit ein Indiz für die strukturellen Größenunterschiede innerhalb der verschiedenen NGO Sektoren in Österreich, allerdings natürlich mit der Einschränkung des eher willkürlichen Datensamples.

Wie viel Geld ging in welches Bundesland?

Spannend ist auch die Aufteilung nach den Bundesländern, die wir wie folgt visualisiert haben:

Auch hier sind starke strukturelle Unterschiede sichtbar, die wir anhand des Bevölkerungsschlüssels gut mit einem Over- und Underperforming bewerten können.

Oberösterreich ist das einzige Bundesland, das im Vergleich zum Bevölkerungsanteil sowohl einen höheren Anteil der Anträge als auch der ausgeschütteten Summe vorweisen kann. Die anderen Bundesländer teilen sich in zwei Gruppen: Die Steiermark, Kärnten, das Burgenland, Niederösterreich und Tirol hatten relativ gesehen zwar einen höheren Anteil der Anträge gestellt, konnten aber nur weniger Mittel abholen, als der Bevölkerungsanteil ausmacht. Das andere Extrem sind die drei Bundesländer Vorarlberg, Salzburg und Wien, die relativ gesehen zwar weniger Anträge aber eine höhere Ausschüttung hatten. Der klare Ausreißer in dieser Analyse ist das Bundesland Wien, das mit nur 11% der Anträge 32% des gesamten Fördervolumens des NPO Fonds erhielt.

Wie viel hat der Kulturbereich in Oberösterreich vom NPO Fonds profitiert?

Die KUPF OÖ hat den NPO Fonds intensiv bei ihren Mitgliedern beworben, mehrere Webinare veranstaltet und dutzende Einzelberatungen vorgenommen. Die Arbeit dürfte sich ausgezahlt haben: Der oberösterreichische Kunst- und Kulturbereich Sektor hat in Summe 1.235 Anträge gestellt. Damit kam österreichweit fast jeder fünfte Antrag aus dem Kulturbereich aus Oberösterreich. Dem stehen 7,7 Mio an Förderzusagen gegenüber, was etwa ein Neuntel der Gesamtförderung des Kunst- und Kulturbereichs ausmacht. Auch hier zeigt sich der strukturelle Unterschied der Bundesländer deutlich, aber auch das dramatische Sinken der Kulturförderung von mehr als 50% in den letzten 20 Jahren macht sich bemerkbar.

Wie viele Anträge von Mitgliedern der KUPF OÖ stammen, ist leider nicht bekannt, wir gehen aber davon aus, dass eine Summe von etwa 3-3,5 Mio € an unsere Mitglieder ausgeschüttet wurde. Damit hat sich der NPO Fonds eindeutig als das wichtigste Hilfsinstrument zur Sicherung der oberösterreichischen Kulturinitiativen erwiesen.

Warum die 1G Regel vertretbar ist

Das Thema wird im Kulturbereich durchaus kontrovers diskutiert. Ich sehe das persönlich pragmatisch und habe kein Problem mit der 1G Regelung im Veranstaltungsbereich, wenn die dazu nötigen Begleitmaßnahmen kommen, um den betroffenen Kunst- und Kultursektor finanziell zu unterstützen (Siehe Stellungnahme der KUPF OÖ -> https://kupf.at/presseaussendungen/kupf-ooe-zu-1g-regelung/)

Noch lieber wäre mir eine allgemeine Impflicht. Die ist offenbar leider in Österreich nicht umsetzbar. Die 1G Regelung scheint aber mehrheitsfähig zu sein. Sie bedeutet für die Mehrheit der Bevölkerung keine Änderung, weil sie eh schon geimpft sind. Ich fürchte, dass es nicht anders gehen wird, als das man die restlichen 20-30%, die noch impfbar wären, aber noch nicht geimpft sind, mit 1G und anderen Maßnahmen Stück für Stück dazu bringt, sich zu impfen. Wenn die Impfquote nicht hochgeht, droht sonst ein kompletter Lockdown im Winter, der uns alle viel härter treffen würde.

Warum soll ich als Geimpfter und die Mehrheit der Bevölkerung ihre Freiheit einschränken, weil eine Minderheit auf ihre gesellschaftliche Verantwortung pfeift? Wir haben eine Vielzahl an gesellschaftlichen Regeln, die uns als Individuen zu gewissen Handlungen verpflichten, die wir alle akzeptieren. Wir diskutieren ja auch nicht die Sinnhaftigkeit von Geschwindigkeitsgrenzen im Straßenverkehr.

Die Impfung hat wie kaum eine andere Handlung so wenig negative Konsequenzen für das Individuum und so großen Nutzen für die Allgemeinheit. Gerade wir als Vertreter gemeinnütziger Initiativen sollten bei dieser Frage Position für den Gemeinnutz beziehen und nicht einem falschen Freiheitsdiskurs aufsitzen, wie er von manchen (ehemaligen?) Linken geführt wird.

Es gibt auch im zeitgenösschen Kulturbereich Menschen, die die Impfung ablehnen. Leider sind ebenso in unserer Szene nicht wenige Personen in den letzten beiden Jahren abgedriftet und stehen auf einmal auf Seite der Verschwörungstheoretiker, Antisemiten und Rechtsextremen. Ich kann das weder logisch noch emotional nachvollziehen, wie man diesen Weg einschlagen kann. Aber die Realität ist, dass diese Strömung auch in unserer Szene anschlussfähig ist. Aber wie damit umgehen?

Gute Frage. Ich glaube, dass es keinen Sinn macht, aus Rücksicht auf diese Szene Maßnahmen wie 1G oder eine Impfpflicht nicht zu setzen. Auch die Warnung vor einer gesellschaftlichen Spaltung durch solche Maßnahmen halte ich für abstrus: Diese Spaltung existiert sowieso schon, und egal was man macht, die VerschwörungstheoretikerInnen werden sich nicht überzeugen lassen.

Wir haben es jetzt lange mit gutem Zureden versucht. Und stehen offensichtlich an. Die Impfrate stagniert, wir liegen bereits unter dem EU Schnitt. Wir dürfen uns von einer extremistischen Anti-Impfminderheit nicht in Geiselhaft nehmen lassen. 1G ist in meinen Augen daher ein gelindes und zulässiges Mittel, um die Impfbereitschaft zu erhöhen. Und wer weiß, vielleicht erkennen manche, die sich dann doch impfen lassen und nicht tot umfallen, dass sie hier lange Zeit Scharlatanen aufgessesen sind.

Interview: Nur Bestehendes zu bewahren ist nicht unser Ansatz

Dieses Interview ist erstmals in der KUPFzeitung #178/2021 erschienen.

Am 26. September wird in Oberösterreich gewählt. Thomas Diesenreiter (KUPF OÖ) spricht mit Severin Mayr, Kultursprecher der Grünen im Oö. Landtag, über eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen, mehr Geld im Kulturbudget, Defizite in der Verwaltung und die Umsetzung des Oö. Kulturleitbilds.

Thomas Diesenreiter: Wenn man auf der Webseite der Grünen Oberösterreich auf den Bereich ‹Kultur› klickt, ist die letzte Meldung vom November 2020. Bist du der Einzige bei den Grünen, der sich für Kulturpolitik interessiert?

Severin Mayr: Nein, glücklicherweise nicht. Aber wir teilen uns die Bereiche thematisch auf. Ich mache jetzt seit fast 18 Jahren Kulturpolitik, zwölf Jahre lang im Linzer Gemeinderat und jetzt im Landtag. Dabei habe ich gemerkt, dass es in der kommunalen Politik deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten in kulturpolitischen Fragen gibt. Da die Kulturpolitik auf Landesebene sehr stark mit der Landesregierung verknüpft ist, sind diese im Landtag deutlich beschränkter.

Trotz geringer Gestaltungsmöglichkeiten: Was waren die kulturpolitischen Erfolge der Grünen in der zu Ende gehenden Legislaturperiode?

Zuletzt ging es leider oft nur darum, die Situation für die Kultur nicht noch prekärer werden zu lassen. Erinnern wir uns an die massiven Kürzungen im Kulturbudget 2017 und die Petition ‹Kulturland retten› mit 17.000 Unterschriften. Nur Bestehendes zu bewahren ist eigentlich nicht unser kulturpolitischer Ansatz, aber es war bei dieser Regierung nötig und nicht viel mehr möglich. Umgesetzt wurden etwa die Arbeitsstipendien für Künstler*innen. Der entsprechende Antrag der Grünen wurde zwar abgelehnt, am nächsten Tag wurde aber genau das beschlossen, was wir beantragt hatten.

Die Grünen regieren im Bund mit der ÖVP. Auch in Oberösterreich wird über einen Wechsel zu Türkis-Grün spekuliert. Werdet ihr Anspruch auf das Kulturressort erheben, wenn es zu Koalitionsverhandlungen kommt? Und werdet ihr eine Erhöhung des Kulturbudgets fordern?

Zuerst geht es in Regierungsverhandlungen darum, ob man bei den Inhalten zusammenkommt. Dann erst können wir über Ressorts reden. Ich glaube, dass es Vorteile hätte, das Kulturressort in Grüner Hand zu wissen. Falls es zu Koalitionsgesprächen kommt, werden wir fordern, was die KUPF OÖ in ihren Positionspapieren formuliert hat: die Verdoppelung des Budgets der freien Szene auf 5 Millionen Euro. Da geht es einerseits um den Inflationsausgleich, durch den allein den Initiativen seit 2003 40 % verloren gingen. Da geht es andererseits um zusätzliche Förderungen, etwa in der Digitalisierung und Innovation, aber auch in der Förderung von Diversität.

Alt-Landeshauptmann Pühringer hat einmal gesagt: Ein gutes Kulturbudget erkennt man daran, dass 20 % des Budgets für Förderungen bereit stehen. Am Ende seiner Periode waren es 7 %, mittlerweile stehen wir bei gut 5 %. Sollte man zwischen den öffentlichen Einrichtungen und der Freien Szene umverteilen oder geht es darum, noch mehr Geld zu fordern?

Ich halte sehr wenig davon, zu sagen: Es gibt ein fixes Kulturbudget und jetzt streiten wir über die Aufteilung. Wenn ich sehe, wie in Oberösterreich Milliarden für Straßenbauprojekte rausgeschmissen werden, will ich einerseits nicht darüber verhandeln, ob wir 200 oder 210 Millionen Euro im Kulturbudget haben. Ich glaube, dass es insgesamt eine Erhöhung braucht. Andererseits halte ich die Diskussion für falsch, wie viel die Großen und wie viel die Kleinen kriegen. Was es braucht, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen und der Freien Szene. Wo können Ausstellungsflächen oder Bühnen angeboten werden? Da ist Linz ein gutes Beispiel.

Du kennst die Landeskulturdirektion ganz gut. Wo siehst du Notwendigkeiten für Veränderungen in der Verwaltung?

Ich habe mich in den letzten Jahren im Landtag zu oft mit Rechnungshofberichten zum Thema Kulturförderung auseinandersetzen müssen. Da ging es oft um Fehler, die vermeintlich auf Beamt*innenebene passiert sind – etwa die Vorgänge bei der KTM-Förderung, beim Denkmalschutz oder beim Museumsdepot. Hier hat es auch personelle Konsequenzen gegeben. Aber: Die Verwaltung agiert nach politischen Vorgaben. Sie ist nicht dafür da, die Landesregierung zu kontrollieren. Für die Kontrolle ist der oberösterreichische Landtag zuständig. Die Politik muss deshalb Voraussetzungen für ein effizientes und transparentes Fördersystem mit klaren Qualitätskriterien schaffen. Sie darf die Verantwortung nicht auf die Beamtenschaft abladen.

Seit November 2020 hat Oberösterreich ein neues Kulturleitbild. Leider ist es kaum mit konkreten Maßnahmen verknüpft. Bleibt es dabei?

Nein. Uns ist zugesagt worden, dass nach dem Beschluss des Kulturleitbilds die dazugehörigen Maßnahmen erarbeitet werden. Man kann sich seine eigene Meinung darüber bilden, ob es nicht klüger gewesen wäre, gleich konkrete Maßnahmen mit zu beschließen. Das Kulturleitbild ist aber auch ein Leitbild und kein Kulturentwicklungsplan. Im Linzer KEP wurde etwa relativ deutlich formuliert, was die Zielsetzung und was die Maßnahmen dazu sind. Da kann man sich nach ein paar Jahren hinsetzen und ein Hakerl drunter machen. Wir wissen aber auch, dass ein Kulturentwicklungsplan auch ein ziemlich trauriges Papier ist, wenn sich niemand daran hält. Da kann man noch so genau evaluieren, ob Maßnahmen umgesetzt worden sind: Wenn auf politischer Ebene dagegen verstoßen wird, ist es egal, wie das Papier heißt.

Die KUPF wird heuer 35 Jahre alt. Gibt es Wünsche an das Geburtstagskind?

Ja, ich habe tatsächlich einen Wunsch. Wir werden mit dem Alter milder in der Beurteilung, weil wir Dinge schon öfter gesehen haben. Manchmal stumpfen wir ein bisschen ab, wenn wir Dinge zu oft diskutiert haben. Ich wünsche der KUPF von ganzem Herzen, dass sie so lästig bleibt, wie sie es in den letzten 35 Jahren war.

Wahlvisionen

Dieser Text ist erstmals in der KUPFzeitung #178/2021 erschienen.

Am 26. September wird in Oberösterreich ein neuer Landtag gewählt. Die letzte Wahl im Jahr 2015 brachte das Ende einer zwölfjährigen schwarz-grünen Koalition und den Anfang vom Ende des Langzeit-Landeshauptmanns und Kulturreferenten Josef Pühringer. Vor allem aber bescherten sich Oberösterreichs Wähler*innen eine ÖVP-FPÖ-Koalition auf Landesebene sowie einen freiheitlichen Bürgermeister in Wels. Oberösterreich war damit Vorreiter*in eines politischen Trends, der später auch die Bundesebene erfassen sollte.

Die KUPF OÖ stellte sich damals auf harte und konfliktreiche Zeiten ein. Zu Recht, wie wir heute wissen. Dass es in dieser Konstellation wenig Spielraum für progressive Kulturpolitik gab, war klar. Und so kam es, wie es kommen musste: 2017 wurde bekannt, dass die Kulturförderung massiv gekürzt werden sollte. Die KUPF OÖ rief die Rettung des Kulturlandes aus. Obwohl die Kürzungen dennoch durchgeführt wurden, ging die KUPF OÖ gestärkt aus der Debatte hervor, wie man später auch in der öffentlichen Auseinandersetzung um die KTM Motohall sehen konnte.

Mit diesem kämpferischen Mindset begannen wir bereits 2019, unsere Kampagne zur Landtagswahl zu planen. Damit waren wir aber wohl etwas zu früh dran. Anstatt um Inflationsanpassungen, Lustbarkeitsabgaben und Fair Pay ging es plötzlich um den Erhalt der Kunst- und Kulturszene als Ganzes. Die Corona-Pandemie erzwang ein zumindest temporäres Umdenken in der Kulturpolitik. Hilfsmaßnahmen für den Kulturbereich wurden geschnürt, manche besser, manche schlechter umgesetzt, es hagelte politische Unterstützungserklärungen und symbolische Gesten. Für die KUPF OÖ eine schöne Abwechslung, auf einmal auf Augenhöhe zu verhandeln und zu sehen, dass viele der eigenen Vorschläge aufgegriffen werden. 

Im Juni 2021 scheint die Kulturszene die Pandemie vorerst überstanden zu haben, Langzeitschäden werden sich erst später zeigen. Die große Frage aber ist, was nach der nächsten Wahl passiert. Denn ein ‹Zurück zur Normalität› bedeutet im Kulturbereich ein Zurück ins Prekariat, ein Zurück in zu kleine Budgets, ein Zurück in kulturpolitische Unzulänglichkeiten. Landeshauptmann Stelzer hat mehrfach angekündigt, dass die Sparpolitik nicht beendet, sondern nur ausgesetzt sei. Rollt nach der Landtagswahl daher eine neue Kürzungswelle auf den Kulturbereich zu? Es wäre die falsche Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit.

Die KUPF OÖ fordert seit langem eine drastische Erhöhung der öffentlichen Finanzierung der Freien Szene auf allen Ebenen. Es braucht mehr Geld, nicht nur für eine faire Bezahlung der in diesem Sektor arbeitenden Menschen. Es braucht schlicht und einfach mehr und breitere Kulturangebote. Wir brauchen einen Zuwachs, aber nicht in den Leuchttürmen, sondern in den Nischen. Gerade in kleineren Gemeinden gibt es immer noch kaum zeitgenössisches Kulturangebot. Obwohl die KUPF OÖ mittlerweile aus 183 Mitgliedern besteht, sind wir von einer Vollabdeckung der 438 Gemeinden des Landes weit entfernt.

Progressive Kulturpolitik (und auch Kulturarbeit) bedeutet, Kultur als Treiberin gesellschaftlichen Wandels zu verstehen und diesen auch einzufordern. Die Klimakatastrophe zwingt uns dazu, unsere Lebensweisen und unsere Wirtschaftsform neu zu denken. Wo sind die Räume, in denen dies passieren kann? Der Kulturbereich kann diese Räume öffnen und durch seine gemeinnützige Ausrichtung selbst als Modell gelten.

Im Zuge der Landtagswahl werden wir unsere Kulturpolitiker*innen bitten, ihre Visionen für die Zukunft des Kulturlandes Oberösterreich zu skizzieren. Wir sind gespannt, ob wir Antworten hören, die den großen Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden.

5 Jahre KUPF OÖ

Vor fünf Jahren, am 17. Mai 2016, habe ich meinen Dienst als Geschäftsführer der KUPF OÖ angetreten. Ein Anlass für einen ausnahmsweise persönlichen Rückblick:
Die Kulturplattform Oberösterreich ist der älteste Verband zeitgenössischer Kulturinitiativen in Österreich. Dort einmal zu arbeiten war schon lange vorher mein heimlicher Traum. Und obwohl ich, seit ich 15 bin, im Kulturbereich arbeite, war ich am ersten Tag nervös wie nur was, denn die realistischen Zukunftsszenarien waren eher pessimistischer Natur. Damals war die schwarz-blaue Koalition in OÖ frisch im Amt, Pühringer noch Landeshauptmann, aber bereits mit Ablaufdatum versehen. Die allgemeine Erwartung war, dass die kulturpolitische Auseinandersetzung härter werden wird. Das ich nicht als konfliktscheu gelte, war damals wohl ein ausschlaggebender Grund für den KUPF Vorstand, sich für mich zu entscheiden.

Und es kam tatsächlich so: Etwa nach einem Jahr nach meinem Dienstantritt wurden die ersten Kürzungsabsichten der neuen Landesregierung bekannt. Wir haben innerhalb weniger Wochen eine Kampagne namens #kulturlandretten aus dem Boden gestampft und die Szene mobilisiert. Es war vermutlich die erfolgreichste Kampagne der KUPF OÖ seit langer Zeit, vielleicht sogar seit ihrem Beginn, wenn man sich den Pressespiegel mit den hunderten Beiträgen ansieht. Genützt hat es vordergründig zwar wenig, denn die Kürzungen wurden dennoch durchgezogen. Aber wir haben dadurch bewiesen, dass die KUPF OÖ kampffähig ist. Dass sie mobilisieren kann, wenn es drauf ankommt und sie sich nicht einschüchtern lässt. Wir wissen, dass der heutige LH die Kürzungen rückblickend als Fehler sieht. Vermutlich weniger wegen den betroffenen Vereinen, sondern eher wegen dem damit einhergehenden Imageverlust als Erbe Pühringers. Aber immerhin wird ein solcher Fehler wohl nicht mehr so schnell passieren.

Gerade als sich der Staub einigermaßen gelegt hat, kam der nächste Aufreger daher: Durch Zufall bin ich am Vorabend einer Pressekonferenz zu einem völlig anderen Thema auf eine Förderung des Landes an eine gewisse KTM Motohall aufmerksam geworden. In der Pressekonferenz ging es um die Auswirkungen der 2018 durchgeführten Förderkürzungen. Als Randnotiz habe ich erklärt, dass ich nicht verstehe, warum bei uns gekürzt wird, während ein Milliardenkonzern wie KTM Gelder aus dem Kulturbereich erhält. Der Rest ist kulturpolitische Geschichte (#ktmgate). Auch diese Debatte hat uns österreichweit viel Aufmerksamkeit gebracht und letzten Endes dazu geführt, dass KTM zumindest die dritte Rate in Höhe von 600.000 € nicht ausbezahlt bekam. Und auch hier glaube ich, dass der abschreckende Effekt dieser Diskussion uns hoffentlich auch zukünftig davor bewahrt, dass Gelder aus dem Kulturbereich an Firmen geht, die sich solche Späße auch locker aus der eigenen Tasche zahlen könnten.

Ich habe mich seit meinem Antritt bemüht, die KUPF OÖ zu einer professionellen, modernen Interessenvertretung zu machen. Wir haben unzählige Projekte umgesetzt, nicht alles ist gelungen, aber das Meiste zum Glück schon. Wir haben Konferenzen organisiert, einen neuen Kunst- und Kulturmanagementlehrgang aufgebaut, eine Ticketplattform namens KUPFticket.at ins Leben gerufen und nun ausgegründet, das Büro modernisiert, unsere Corporate Identity neu gestaltet, die KUPFzeitung ausgebaut, die Website komplett neu gebaut und noch so vieles mehr.

Wir stehen heute, meiner Wahrnehmung nach, stärker als je zuvor da und können unseren Auftrag, unseren Mitgliederinitiativen zu dienen und ihre Anliegen öffentlich vorzubringen, besser als je zuvor umsetzen. Es war viel harte Arbeit, für die ich mich bei meinen MitstreiterInnen im Vorstand und den vielen großartigen Menschen im Büroteam nur aufs herzlichste bedanken kann. Die KUPF OÖ ist der beste Arbeitgeber, für den ich je arbeiten durfte, und ich hoffe, dass ich das auch noch lange tun kann. Ideen habe ich noch einige, die ich in den nächsten Jahren umsetzen möchte. Die KUPF OÖ wird ihre Rolle als Interessenvertretung und DienstleisterIn der oberösterreichischen Kulturszene noch weiter ausbauen. Die KUPF OÖ gehört ihren Mitgliedern und für diese arbeiten wir Tag für Tag.

Danke an euch alle für den vielen Zuspruch und das positive Feedback der letzten Jahre. Und speziellen Dank an Magdalena, für die guten Inputs und weils auch nicht immer leicht war in den letzten Jahren.

Interview: Wer spricht von Subvention?

Dieses Interview ist erstmals in der KUPFzeitung #177/2021 erschienen.

Thomas Diesenreiter: Sie mögen den Begriff der Subvention nicht, weil er die Tatsachen nicht richtig darstellt. Was wäre denn ein besserer Begriff?

Rudolf Scholten: Die Antwort ist einfach: ‚Öffentliche Finanzierung‘, wie für viele andere Bereiche auch. Universitäten werden öffentlich finanziert, der Gesundheitsbereich wird öffentlich finanziert, usw. Öffentliche Finanzierung ist der adäquate Ausdruck für einen Bereich, der nicht aus Unfähigkeitsgründen die Finanzierung im Markt nicht auftreibt, sondern öffentliche Finanzierung braucht, wie beispielsweise der gesamte Bildungsbereich. Ich glaube generell, dass für alle diese Diskussionen ein Vergleich mit der Wissenschaft, insbesondere der Grundlagenforschung, adäquat ist.

Warum haftet der Kultur-Finanzierung der Geruch von Almosen an, während das etwa bei Kindergärten oder im Straßenbau nie so kommuniziert wird?

Politisch gesehen gibt es keinen Grund, das ist einfach falsch, das haben wir uns falsch angewöhnt. Wenn Sie mich ‚privat‘ fragen, dann ist es wohl darin begründet, dass die anderen Bereiche kaum privat finanzierte Beispiele kennen. Grundlagenforschung ist immer öffentlich finanziert, Kindergärten sind nur in radikaler Minderheit privat finanziert. Aber im Kunstbereich stehen privat finanzierbare öffentlich finanzierten Beispielen relativ nahe. Warum wird im Film sehr viel kommerzieller diskutiert als im Theater? Weil im gleichen Kino kommerzielle Filme wie staatlich mitfinanzierte Filme gespielt werden. Es gibt aber kein Theater, in dem gleichzeitig Jelinek-Uraufführungen und Eisrevue stattfindet. Das mag lächerlich klingen, aber ich glaube, diese Nähe von kommerziellen und nicht kommerziellen Produkten in der Kunst ist größer als in anderen Bereichen. Das mag eine Begründung sein, aber keine Rechtfertigung, es deswegen falsch zu benennen.

Der Staat bzw. das Land hat ja den (Selbst-)Auftrag, seiner Bevölkerung ein Kunst- und Kulturangebot zur Verfügung zu stellen, sich um das kulturelle Leben zu kümmern. Nun könnten das Bundesland Oberösterreich oder andere Kommunen sagen: „Wir finanzieren ohnehin das Landesmuseum und die Landestheater, das reicht aus.“

Es braucht das gesamte Spektrum. Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen und sagen, die richtige Formulierung ist nicht so sehr, dass der Staat die Verpflichtung hat, das zu finanzieren, sondern die Gesellschaft es finanzieren will, weil sie versteht, dass sie es braucht. Da komme ich wieder zur Grundlagenforschung. Wenn Sie geschichtlich zurückblicken, werden Sie schnell bemerken, dass es eine große Parallelität zwischen Gesellschaften gibt, die bewusst in Kunst und Wissenschaft investieren und solchen, die auch in den pragmatischen wirtschaftlichen und politischen Bereichen erfolgreich sind. Die meisten der historisch erfolgreichen Gesellschaften waren sich sehr wohl bewusst. Sie haben verstanden, dass sie Kunst und Wissenschaft brauchen und daraus entstand der pragmatische politische und wirtschaftliche Erfolg. Würde man dies im Sinn der Umwegrentabilität spekulativ ansteuern, würde es mit Sicherheit nicht funktionieren.

Sie haben Anfang der 90er als Kulturminister erstmals auf Bundesebene ein breites Förderprogramm für Kulturvereine und Kulturinitiativen aufgelegt. Dieses gibt es bis heute in der Abteilung 2/7. Warum haben Sie das gemacht?

Lassen Sie es mich ganz einfach sagen: Wenn man Qualität will, muss man verstehen, dass das gesamte Spektrum notwendig ist: von dezentralen bis zentralen Organisationen, genauso wie von sehr riskanten Initiativen mit schmalem Aufmerksamkeitsgrad bis zu jenen mit einem breiten Angebot. Würde man einen Teil vernachlässigen, nimmt man bewusst in Kauf, dass die Wahrscheinlichkeit von Qualität sinkt.

Prinzipiell sind aber eigentlich die Bundesländer für die Kulturfinanzierung zuständig. Hat es damals also keinen Widerstand gegen dieses ‚Hineinregieren‘ des Bundes gegeben?

Aus Sicht der betroffenen Organisationen ist dieses Wechselspiel zwischen Bund, Land, Stadt oft mühselig. Zugleich muss man aus der praktischen Erfahrung sagen, dass diese Schaukel-Situation auch Vorteile produzieren kann. Der Bund kann zum Beispiel die Finanzierung für die Organisation X erhöhen unter der Voraussetzung, dass das Land mitzieht. Das Land würde es relativ leicht haben, nicht zu erhöhen, aber mit einer Zusage vom Bund und diesem zusätzlichen Druck tut es sich wesentlich schwerer.

Kultur, die politisch umstritten ist, hat dadurch auch ein bisschen größere Sicherheit, wie man in Kärnten sehen konnte, als Jörg Haider an die Macht gekommen ist und die Förderung von zeitgenössischer Kunst und Kultur von einem Tag auf den anderen auf Null gefahren hat. Viele konnten nur durch das Geld aus dem Bund überleben. Demgegenüber steht trotzdem ein irrsinniger Verwaltungsaufwand.

Ich glaube, dass die politische Stabilität oder politische Sicherheit den bürokratischen Aufwand sticht, der zudem bereits wesentlich geringer geworden ist.

In der Kulturfinanzierung ist es üblich, dass KulturpolitikerInnen – Landes-, Kommunal- und StadtkulturreferentInnen – wirklich jede einzelne Förderentscheidung selbst bearbeiten. Wäre es nicht vielleicht notwendig, wie in der Wirtschaft – man denke an die AWS – eine unabhängige Kulturfinanzierungs-Organisation ins Leben zu rufen, die frei von politischer Einmischung Förderentscheidungen auf fachlicher – nicht politischer – Expertise trifft?

Die Antwort ist ja, bloß ist Ihre eigene Perspektive sehr stark geprägt von den Kulturinitiativen. Staatlicher Finanzierung muss eine politische Entscheidung zugrunde liegen in der Höhe des Budgets; die Einzelförderentscheidungen müssen ausgelagert sein.

Rudolf Scholten, ehemaliger Minister für Kunst, heute Präsident des Aufsichtsrats der Wiener Festwochen und des Österreichischen Filminstituts.