Ein persönlicher Jahresrückblick auf 2014

Jahresrückblick sind wahrscheinlich schon abgedroschen. Da ich aber nicht immer die Zeit finde, meine diversen Tätigkeiten und Projekte auf diesem Blog zu dokumentieren, schreibe ich hier ein paar Zeilen zu den letzten Monaten. Sowohl, um diese für mich selbst zu ordnen, als auch um mich bei all den tollen, kreativen Menschen bedanken zu können, mit denen ich jeden Tag arbeiten darf.

Tabakfabrik Linz

Prägend für mich ist natürlich nach wie vor meine Arbeit in der Tabakfabrik Linz, der ich einen Großteil meiner täglichen Arbeitszeit widme. Dort zeichne ich mich seit mittlerweile drei Jahren leitend für die Kommunikation zuständig, habe an der allgemeinen Konzeption und Ausrichtung mitgewirkt und wickle Kooperationsprojekte ab. Im Mai haben wir beispielsweise eine wunderschöne neue Website online gestellt (www.tabakfabrik-linz.at), gestaltet von dem grandiosen Grafik Guru Michael Holzer und umgesetzt vom Code-Genie Bene Reiter. Die Inhalte kamen und kommen von der Jetsetliteratin Marianne Jungmaier und Nina Fuchs, die seit Jahresanfang auch die Pressearbeit professionell und gelungen abwickelt. Generell stehen wir konstant im Schnitt bei etwa 80-90 Presseberichten pro Monat und etwa 30-40.000 Views auf unserer Website und in den sozialen Medien, eine Reichweite, mit der ich glaube ich zufrieden sein kann. Darüber hinaus sind viele tolle Projekte und Kooperationen in der Fabrik entstanden, zuviele um alle aufzuzählen. Und das schöne ist, es bleibt spannend, denn wir haben erfreulicherweise im November grünes Licht vom Linzer Gemeinderat bekommen, dass wir den nächsten Entwicklungsschritt im Bau 1 umsetzen können. Yeah!

Burschitour

Zum zweiten Mal habe ich im Jänner einen Aktionstag zur Linzer Burschenschafterszene organisiert. Währen wir bei der ersten Burschitour noch zu Fuß unterwegs waren, haben wir diesmal einen großen Reisebus organisiert, mit dem wir nach einem spannenden Vortrag eines Rechtsextremismus-Experten ein paar der Linzer Buden besucht haben.

2. Linzer Burschitour 1

Übrigens: Die nächste Demo gegen den Linzer Burschenschaftsball findet am 10. Jänner 2015 statt – hingehen!

Stadtkulturbeirat Linz

Seit 2010 bin ich Mitglied des Linzer Stadtkulturbeirats, seit Beginn dieses Jahres auch dessen Vorsitzender. Der von der Stadt offiziell bestellte und ehrenamtliche Beirat besteht aus 24 Kunst- und KulturexpertInnen und tagt derzeit zweimal jährlich im Plenum. Die Arbeit besteht üblicherweise aus dem Verfassen von kulturpolitischen Empfehlungen an die Linzer Stadtpolitik, teilweise mischt er sich auch ins Tagesgeschäft ein, wie bei der heuer leider erfolgten Kürzung der Förderungen der freien Szene. Das nächste Empfehlungspapier wird übrigens im Februar präsentiert, ich werde es auch hier im Blog verlinken.

Bettellobby OÖ

Vor auch schon wieder vier Jahren war ich einer der Mitinitiatoren der Bettellobby OÖ, die sich in den politischen Diskurs rund um Armut, Migration und Verteilungsfragen einmischt. Anlass war damals die erste geplante Verschärfung der Bettelgesetzgebung, in denen „aggressives“, „aufdringliches“ und „organisiertes“ Betteln verboten werden sollten. Trotz eines durchaus breiten zivilgesellschaftlichen Protestes wurde die Gesetzgebung damals verschärft. Dass auch die sozialdemokratische Partei heuer im Mai nach einer heftigen Kampagne der Krone OÖ (diese hatte innert 9 Tage 8 hetzerische Aufmacher gegen BettlerInnen auf dem Cover und wurde dafür später auch vom Presserat gerügt) ihre bisherige Position fallen ließ und nun sogar selbst auf weitere Verschärfungen im Bettelgesetz drängte, war für mich und viele andere Linke ein Schock, der bis heute anhält. Durch die Novelle wurde schließlich trotz heftiger Protesten mit Stimmen der SPÖ, ÖVP und FPÖ das „gewerbliche“ Betteln in Oberösterreich untersagt. Durch die Schwammigkeit der Begrifflichkeiten all dieser Strafbestände steigt die Missbrauchsgefahr und leider auch -häufigkeit durch Stadtwache und Polizei weiter, viele Berichte von betroffenen BettlerInnen bestätigten die Befürchtungen der Bettelobby. Die jahrelange Aufbauarbeit der rechten Parteien in Kombination (oder Kooperation?) mit den medialen Hetzkampagnen des Boulevards hat ein Klima der Angst und Verunsicherung erzeugt, in dem es die Position, dass soziale Probleme wie Armut nur mit sozialen Lösungen behoben werden können, sich nur schwer Gehör verschaffen kann. Wie gesagt: Dass sogar die Sozial(!)demokratie nun die armen Menschen aus dem öffentlichen Raum verdrängen will, ist ein trauriges Zeichen für eine breit-entsolidarisierte Gesellschaft.

Verleihung-Menschenrechtspreis-2014-Bettellobby_Foto-Daniel-Weber-03-764x1024Umso erfreulicher, dass die Liga für Menschenrechte die österreichischen Bettellobbys heuer mit dem Menschenrechtspreis 2014 ausgezeichnet hat. Ich habe den Preis mit Christian Diabl (einer der großartigsten Menschen zum Diskutieren über Politik übrigens!) in Wien entgegengenommen, einen sehenswerten Bericht gibt es dazu in der ZIB2:

Cultural Broadcasting Archive

Heuer war ein spannendes Jahr für das CBA: Derzeit führen wir ein gefördertes EU-Projekt gemeinsam mit Radio Corax aus Deutschland, NearFM Media aus Irland und der Central European University durch, was viel Reisen und Austausch bedeutet. Und ausgetauscht wurde auch fleissig bei der zum zweiten Mal veranstalteten internationelen Konferenz Archivia, bei der viele spannende Vortragende aus ganz Europa teilnahmen. Weiters hat der VFRÖ, der Träger des CBA, heuer im Sommer Verträge mit den Verwertungsgesellschaften abschließen können, was nun heißt, dass auch Musik in den archivierten Beiträgen enthalten sein kann. Ein großer Erfolg für ein so kleines Projekt wie das CBA, da es im Gegensatz zum analogen Rundfunk im digitalen Raum keine Lizenzpflicht der Verwertungsgesellschaften gibt. Wir haben im Übrigen etwa fünf Jahre auf diesen Punkt hingearbeitet und einiges an Lobbying leisten müssen. Und hier liegt auch noch einiges an Arbeit vor uns, denn noch immer ist das UrheberInnenrechtssystem groso Modo nicht den Erfordernissen der modernen Zeit angepasst. Allerdings wird es in Zukunft wohl noch stärker als bisher um die Vernetzung auf europäischer Ebene gehen – es bleibt also spannend.

Achja, und an dieser Stelle ein großer Dank an Ingo Leindecker, mit dem ich seit 2007 an diesem großartigen Projekt arbeiten darf (und der übrigens ein ziemlich tolles Werk produziert hat, das ihr euch kaufen solltet!)

Kulturpolitisches

Abgesehen von meiner Arbeit für den SKB habe ich noch Beiträge für die KUPF Zeitung geschrieben (ein Text zu Linz09 und ein Interview mit Kulturmanager Ulrich Fuchs), einen Text des Linzer Kulturdirektors Julius Stieber veröffentlicht, an Kultur-Diskussionen beispielsweise in St. Pölten teilgenommen  oder eine Tour durch die freie Szene mit dem neuen Kulturreferenten Bernhard Baier Baier organisiert. Aja, und ich darf im Verwaltungsausschuss von Radio FRO meinen Senf zu den zukünftigen Wegen des freien Radios dazugeben, eine ehrenvolle und spannende Arbeit mit lauter hochmotivierten Menschen, die sich für dieses wichtige alternative Medienprojekt ins Zeug hauen. Weiters habe ich auch das Projekt Intermezzo von MAIZ begleiten dürfen – da ich euch und ihnen noch immer einen Abschlusstext dazu schuldig bin, verweise ich wegen Details auf diesen. Kommt bald, versprochen!

Schließlich …

… gilt mein Dank den vielen freundlichen, offenen, kreativen, hilfsbereiten Menschen in meinem Umfeld und Netzwerken, mit denen ich zusammen lebe, arbeite, streite, feiere, trauere und diskutiere. Und natürlich geht ein besonderer Fistbump an eine Person im Speziellen, deren scharfsinnigen Geist ich nicht mehr missen möchte  – du weißt, wen ich meine.

Also, ich hoffe, wir bleiben uns auch 2015 erhalten!

Und jetzt, Herr Fuchs?

Vor drei Wochen habe ich den ehemaligen stellvertretenden Intendanten der europäischen Kulturhauptstadt Linz09 getroffen, den Kulturmanager Ulrich Fuchs. Die KUPF Oberösterreich hat mich gebeten, mich mit ihm für die aktuelle Ausgabe der KUPF Zeitung über die oberösterreichische Kulturlandschaft zu unterhalten. Es war ein, wie ich meine, recht interessantes und anregendes Gespräch. Weiter unten finden sie gekürzte und komprimierte Textversion der KUPF Zeitung, das Gespräch ist in voller Länge auch im CBA zu hören:

D: Im Verhältnis zwischen Land OÖ und Stadt Linz hatte man in den letzten Jahren den Eindruck, dass es zwischen den Beiden eher um einen Wettbewerb als um Kooperation geht.

F: Wenn ich an den Ausgangspunkt zurückgehe, als Martin Heller und ich 2005 nach Linz kamen, haben wir nach relativ kurzer Zeit begriffen, dass es einen politischen Wettbewerb gibt zwischen Stadt und Land auf vielen Feldern, auch in der Kulturpolitik. Ich finde überhaupt, dass Österreich durch die Konkurrenz von Rot-Schwarz geprägt ist, weitaus mehr als ich das aus Deutschland kannte. Das sage ich jetzt nicht belehrend, es ist einfach eine Feststellung. Was ich in Österreich gelernt habe, war, dass es einen roten und einen schwarzen Kindergarten gibt, das gibt es in Deutschland nicht. Die sozialdemokratischen Kulturpolitiker und ihre schwarzen Pendants haben ein anderes Verhältnis, also ein konkurrenzhafteres und abgrenzenderes. Für einen Kulturkonsumenten ist es aber beispielsweise völlig egal, ob das Brucknerhaus von der Stadt oder vom Land betrieben wird.

Da die Kulturhauptstadt aber ein Auftrag war, der von den drei Gebietskörperschaften (Bund, Land und Stadt) erteilt wurde, war für uns ziemlich schnell klar, falls es da Gegensätze gibt, dass man die schnell überwinden muss. Ich glaube, es ist uns dann auch über den Aufsichtsrat und über die Zusammenarbeit von beiden Seiten gelungen, dass da gewisse Grenzen aufgeweicht wurden.

KUPFzeitung152_2014_titelseite

D: Stichwort Brucknerhaus und Musikthteater: Gibt es aus einer kulturpolitischen Perspektive einen Bedarf für zwei solche Häuser mit relativ ähnlichem Publikum?

Es war schon von vornherein klar, dass es mit dem Musiktheater nicht einfach sein würde, den richtigen Umgang in Bezug auf das Brucknerhaus zu finden. Die optimale Kooperation zwischen beiden Häusern scheint mir auch bis heute noch nicht gefunden. Das Brucknerfest gleichzeitig mit dem Auftakt zur Spielzeiteröffnung des Musiktheaters und des Landestheaters – das ist eine ungute Konkurrenz.

Man muss bei der Größe beider Einrichtungen sicherlich über die Einwohnerzahl von Linz hinaus denken. Um nur das hiesige Publikum zu bedienen, wären zwei solche großen „Schlachtschiffe“ sicherlich überfordert. Der Einzugskreis muss nach meiner Einschätzung weit über Linz hinausgehen, auch weit über das Bundesland hinaus. Ob das bisher gelungen ist, weiß ich nicht. Linz ist eine untypische Stadt, wenn man an europäische Kultur denkt, so wenig mit dieser bildungsbürgerlichen Tradition behaftet. Für das Brucknerhaus und das Musiktheater müsste das meiner Meinung nach heißen, Formate und auch eine ästhetische Linie zu finden, die so besonders sind, dass man sagt, das bekomme ich in Salzburg nicht, sondern nur in Linz.

Als positives Beispiel möchte ich die Museen in Linz anführen, die sehr gut über die „Grenzen“ von Stadt und Land hinweg zusammenzuarbeiten. Ich glaube auch, dass bei der freien Szene ein Stadt-Land Denken nicht so ausgeprägt ist.
D: Der zweite große kulturpolitische Schwerpunkt des Landes ist neben dem Musiktheater das Landesmusikschulwerk. Ist das deiner Meinung nach eine sinnvolle Investition?

F: Dieses Landesmusikschulwerk ist etwas absolut Einzigartiges in Europa. Ruhr 2010 hat mit dem Slogan geworben: „Jedem Kind ein Instrument“. Da hab ich damals zu den Kollegen in Essen gesagt, dass das in OÖ längst der Fall ist. Vergleichsweise in Europa ist das ein einzigartiger Schatz an frühkindlicher und früh-musikalischer Erziehung, der da aufgebaut wurde. Ich weiß, dass das Landesmusikschulwerk 40 Prozent des Budgets des Landes für Kultur beansprucht. Meiner Ansicht wird das konservativ regierte Land OÖ der sozialdemokratischen Idee von „Kultur für alle“ damit mehr als gerecht – und das auf einem sehr hohen Niveau.

In den Verteilungskämpfen um ein Kulturbudget kann ich nachvollziehen, wenn diejenigen, die nicht aus dem Bereich der musikalischen Pädagogik kommen, sagen, dass ihnen eine andere Verteilung lieber wäre. Aber das ist eine politische Auseinandersetzung um Prioritätensetzungen.

D: In einem Interview zum neuen Kulturentwicklungsplan (KEP) assoziierst du mit Linz „ungenügende politische Konsequenzen“, kannst du das ausführen?

F: Gerade in diesen Tagen sehe ich diese Einschätzung bestätigt. Es ist nicht die Kulturpolitik, die die Frage stellt, wo man nach Linz09 steht, sondern der Tourismus. Und dass der Tourismusverband Linz das Erbe von Linz09 am kreativsten verwaltet, deutet darauf hin, dass die Linzer Kulturpolitik mit dem Erbe von Linz09 nicht genügend offensiv, nicht genügend nach außen tretend umgeht. Aber um es auch klar zu sagen: für Erfolge und Fehlleistungen von Linz09 sind wir alle verantwortlich – die Intendanz, das Linz09-Team und die Linzer Politik.

D: Das nächste große Projekt nach Linz09 war der neue Kulturentwicklungsplan.

F: Ich habe großen Respekt davor, wie sich die Linzer Kulturdirektion und die Kulturszene diesem wirklich schwierigen und partizipativen Prozess gestellt hat. Dass dabei ein so qualitativer Text herausgekommen ist, finde ich beeindruckend. Angesichts der knappen Mittel und der Finanznot in welche die Stadt zum Glück nicht durch Linz09, sondern durch andere Entwicklungen hineingerutscht ist, ist das wirklich hervorragend. Ob es nicht nur ein Plan bleibt, sondern auch umgesetzt wird, das steht auf einem anderen Blatt. Aber dafür seid ihr als Kulturakteure verantwortlich, den entsprechenden Druck aufzubauen.

D: Im Ruhrgebiet wurde mit Urbane Künste Ruhr gewährleistet, dass es nach dem Kulturhauptstadtjahr weitergeht. Genau das ist in Linz aus verschiedenen Gründen nicht in der Intensität passiert, 2010 waren spürbar weniger Ressourcen da.

F: Obwohl wir ja von Linz09 her noch einen beachtlichen Überschuss hatten. 1,3 Millionen, die dann auch sinnvoll verwendet worden sind. An dem Kulturhauptstadtprojekt lag es bestimmt nicht, dass ab dem Jahr 2010 die Spielräume enger wurden, eigentlich im Gegenteil. Im Nachhinein sehe ich es als Fehler, dass die Linz09 GmbH abgewickelt und nicht umgewandelt worden ist, mit völlig anderen Personen an der Spitze und einem neuen Auftrag. Beispielsweise die Entwicklung der Tabakfabrik als Fortsetzung und neue Etappe von Linz09. Mit einer solchen Entscheidung hätte Linz auch international die Nachhaltigkeit der Kulturhauptstadt verdeutlicht,

D: Stichwort nächste Etappe: Du hast 2011 das nach Linz09 zu festigende Bindeglied zwischen Wirtschaft und Kultur in Linz angesprochen, mittlerweile gibt es dafür die Creative Region Linz & Upper Austria.

F: Ich glaube, dass es sinnvoll ist, dass zwischen Kultur und Wirtschaft Verständigungen gesucht werden, die außerhalb des engen (partei-)politischen Feldes liegen. Viele Kulturakteure der freien Szene sind eigentlich auch Unternehmer, Entrepreneurs, die ihre Aktivitäten als Kleinunternehmen betreiben. Manche Kultureinrichtungen sind verselbstständigt und sind unterwegs als GmbH oder in anderen Formen, jedenfalls nicht mehr als nachgeordnete Dienststellen des Landes oder der Stadt. Insofern passt das ganz gut, sich da mit Leuten aus der sogenannten freien Wirtschaft zusammenzuschließen oder Synergien zu suchen.

D: Du hast besonders im Bereich Design und Architektur in Linz Potentiale gesehen, mittlerweile hat sich Linz bei Open Design einen Namen gemacht. Generell scheinen die „Open Everything“ Initiativen ein großer Schwerpunkt von Linz zu werden. Siehst du darin das Potential für jene Internationalität, die ihr von der Szene immer eingefordert habt?

F: Absolut. Das ist genau das, wo Linz sich profilieren muss. Bevor Salzburg überhaupt wusste was „Open Source“ ist, war Linz an dem Thema schon dran. Das ist eine Stärke der hiesigen Szene, sowohl im freien Bereich als auch in den Institutionen wie Lentos, Ars Electronica und Offenes Kulturhaus, gibt es dafür Offenheit und Innovationsgeist.

Ich glaube, dass sich Linz international aktiver zeigen und deutlicher machen sollte, dass es im Open Bereich noch mehr Qualitäten bietet. Vielleicht entsteht in der Tabakfabrik dafür eine Art Brutstätte, dann würde Linz eine noch viel größere Rolle spielen können.

D: Vielleicht in Verbindung mit der Bewerbung zur UNESCO City of Media Arts?

F: Der ich viel Erfolg wünsche und hoffe, dass es klappt. Aber das muss man dann auch nutzen und fördern. Ich hab die Aussage bei der Tourismuskonferenz am 6. November 2014 , dass Linz sich 2024 erneut als Kulturhauptstadt bewerben kann, nur bedingt ernstgemeint. Was ich damit sagen wollte, ist, dass sich Linz solchen Herausforderungen stellen sollte. Das kann auch ein ganz anderes Format haben, aber die Tendenz zum Stillstand ist das Gefährliche. Wenn man sich die aktuellen Kulturhauptstadtbewerbungen in anderen Ländern ansieht, dann sind das hoch ambitionierte Projektentwürfe mit einem sehr starken commitment von Seiten der politisch Verantwortlichen. Eine Bewerbung wie sie seinerzeit für Linz09 entwickelt wurde, würde heute nicht mehr reichen.

D: Abschließend noch eine medienpolitische Frage: Der Wiener Falter hat in der Zeit vor Linz09 überlegt, eine Oberösterreich Ausgabe zu gründen. Kannst du erzählen, warum das nicht passiert ist?

Wie das in der österreichischen Medienlandschaft so ist, hätte das nicht ohne einen kräftigen Anschub der öffentlichen Hand geklappt. Nach meinem Kenntnisstand ist es daran gescheitert, dass die öffentliche Hand sich nicht dazu in der Lage sah, eine Anschubfinanzierung zu leisten, wir von Linz09 waren daran jedenfalls nicht beteiligt.

Ein Wort noch zur Linzer Medienlandschaft. Ich hüte mich vor einer pauschalen Aussage, das wäre auch unfair gegenüber den Medien wie zum Beispiel der Kronenzeitung, die Linz09 kritisch, aber fair begleitet haben. Aber es war schon eine unvergleichbar negativ destruktive Kampagne gegen Linz09, wie sie von den OÖN geführt wurde. Der Chefredakteur wollte offenbar partout nicht, dass Linz09 ein Erfolg wird und vertritt diese Haltung bis heute. Das hat es in keiner Kulturhauptstadt gegeben, dass eine Zeitung bis in das Kulturhauptstadtjahr hinein alles Mögliche unternommen hat, um das Projekt schlecht zu machen.

D: Wenn man die Medienlandschaft als Ganzes betrachtet, fehlt ein eher liberaleres, vielleicht linksorientiertes Medium?

F: Absolut, sicher. Ich lebe jetzt zehn Jahren nicht mehr in Deutschland und bin auch kein Nationalist. Aber wenn ich von außen auf Deutschland schaue, bin ich auf zwei Dinge besonders stolz. Einmal die Medienlandschaft in ihrer Vielfalt, sowohl im Zeitungswesen als auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen. Das gibt es in keinem Land Europas so qualitätsvoll. Das zweite ist das System des Föderalismus. Frankreich und Österreich sind zwei Länder, die sich mit ihren Hauptstädten so herausgebildet haben, dass sich die anderen Städte des Landes ständig in einer Defensivhaltung befinden. In Deutschland ist Berlin zwar die politische, aber weder die Medienhauptstadt noch die Finanz-, Kultur- oder Fussballhauptstadt. Es gibt keine Machtkonzentration an einer Stelle, sondern einen föderalen Ausgleich mehrerer Zentren, die untereinander auch konkurrieren. Dadurch ergibt sich eine Vielfalt, auch in den Medien. In Österreich und in Frankreich hat man den Eindruck, dass die Vielfalt der Medien doch sehr eingeschränkt ist, dass Berichtserstattung nicht nur redaktionell erfolgt, sondern durch finanzielle Deals. Je weiter man in die Provinz geht, desto dramatischer ist der Qualitätsverfall. Das ist etwas, woran Österreich leidet und speziell in Oberösterreich ist das ein lamentabler Zustand.

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